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Profis, 5. März 2022

"Ich bin für alles bereit"

Im Interview mit der stadion aktuell spricht Omar Marmoush vor dem Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach am Samstag um 18:30 Uhr über durchlöcherte Stutzen, seine Erlebnisse beim Afrika-Cup und den Schritt nach Europa.

Hallo Omar, du trägst in jedem Spiel durchlöcherte Stutzen. Was hat es damit auf sich?

Omar: „Der Grund ist eigentlich ganz simpel: Obwohl ich eigentlich keine dicken Waden habe, sind mir die Stutzen immer zu eng. Ich schneide mir Löcher rein, damit meine Waden mehr Platz haben, ich fühle mich damit einfach wohler. Aber mir ist bewusst, dass ich damit keinen Schönheitspreis gewinne. (lacht)

Was sagt unser Zeugwart Meuschi dazu?

Omar: (lacht) „Am Anfang war er nicht so begeistert, aber irgendwann hat er es akzeptiert. Am Wichtigsten ist es ihm ja, dass wir drei Punkte holen. Egal, wie die Stutzen danach aussehen.“

Leihe zum VfB, Rookie of the Month, Nationalmannschaftsdebüt, Verletzung, Afrika-Cup, Covid-19-Infektion, VfB-Abstiegskampf. Die letzten Monate waren ziemlich turbulent, nicht wahr?

Omar: „Klar, zwischendurch war es stressig, aber ich habe die Zeit auch sehr genossen. Ich konnte mir innerhalb weniger Monate gleich drei Träume erfüllen: Bundesliga, Nationalmannschaft und Afrika-Cup. Nebenbei arbeite ich auch an meinem mentalen Zustand, um Niederschläge wie Verletzungen zu überstehen. Ich bin für alles bereit – erst recht für den Kampf um den Klassenerhalt mit dem VfB.“

Beim Afrika-Cup habt ihr mit Ägypten ein tolles Turnier gespielt. Im Sturm hast du an der Seite von Mohamed Salah gespielt. Wie ist es, mit so einem Superstar zusammenzuspielen, auf den die ganze Welt schaut?

Omar: „Ein tolles Gefühl. Er bringt so viel mit – nicht nur auf dem Platz, sondern auch neben dem Platz. Ich habe sehr viel von ihm abgeschaut – wie er lebt, was er isst und trinkt, wie er trainiert, was er den ganzen Tag so macht. So verstehe ich, was einen der besten Spieler der Welt ausmacht. Während des Turniers hat er uns viel Energie gegeben. Wenn du auf dem Platz mit so jemandem zusammenspielst, gibt es dir Sicherheit. Er und viele andere Top-Spieler von uns haben es mir leicht gemacht, mich in dem Team zurecht zu finden.“

Ihr musstet in der gesamten K.o.-Runde vom Achtelfinale bis hin zum Finale immer über 120 Minuten plus Elfmeterschießen ran. Wie sehr zerrt das an den Knochen eines Fußballspielers?

Omar: „Es ist nicht nur physisch, sondern auch mental eine hohe Belastung. Wir waren so fokussiert auf unser Ziel und so bereit, über alle Grenzen hinaus zu gehen, dass wir die Belastung schon fast vergessen haben. Jeder wusste, dass wir zwei bis drei Wochen ans Limit gehen müssen – egal, welche Herausforderung sich uns in den Weg stellt. Wir waren wie in einem Tunnel.“

Außer im Finale habt ihr jedes Elfmeterschießen für euch entschieden. Wie viel Nervennahrung hat es benötigt?

Omar: „Wir haben viel Elfmeterschießen im Training geübt. Außerdem hatten wir viele gute Schützen. Mit jedem gewonnenen Elfmeterschießen ist unser Selbstvertrauen gewachsen. Und das ist, glaube ich, ein entscheidender Faktor beim Elfmeterschießen.“

Bis zu deinem 18. Lebensjahr hast du in Ägypten Fußball gespielt. Hattest du immer den Traum, eines Tages in Europa Fuß zu fassen?

Omar: „Als ich klein war, habe ich viel europäischen Fußball im TV gesehen. Die Spieler, die Fans, die Stadien – das alles hat mich damals schon beeindruckt. Daher hatte ich immer den Traum, in Europa zu spielen. Als ich 18 Jahre alt war und ich zum VfL Wolfsburg gewechselt bin, hat sich dieser erfüllt. Doch es war nicht immer einfach für mich. Denn ich war alleine in einem fremden Land mit einer anderen Kultur und Sprache. Aber ich habe mich durchgekämpft.“

Und heute sprichst du exzellentes Deutsch. Wie hast du das denn so schnell hinbekommen?

Omar: „Beim VfL Wolfsburg wurde vom ersten Tag an viel Wert daraufgelegt, dass ich die Sprache lerne. Ich hatte jeden dritten Tag Deutschunterricht. Ich glaube, der Schlüssel zu einer neuen Sprache, ist, keine Angst vor Fehlern zu haben. Ich habe von Anfang an einfach drauf losgesprochen – irgendwie, irgendwas. Auch, wenn meine Mitspieler mal gelacht haben – nur so lernt man am besten. Man muss sich einfach trauen und keine Scham haben.“

Wie groß ist der Unterschied zwischen dem Fußball in Afrika und dem Fußball in Europa?

Omar: „Der Unterschied ist schon groß. Dabei spielt die Qualität der Spieler gar nicht so eine entscheidende Rolle. Aus Afrika stammen viele klasse Spieler, die heute in Europa spielen - wie zum Beispiel Mohamed Salah oder Sadio Mané. Der Fußball in Europa ist aber professioneller und hat dadurch schon eine höhere Qualität in vielen Bereichen.“

Mittlerweile bist du in der Bundesliga angekommen. Wie stolz sind Familie und Freunde in der Heimat?

Omar: „Sie sind natürlich sehr stolz auf mich. Aber wir alle wissen, dass noch mehr möglich ist. Der nächste Schritt ist, zu einem gestandenen Bundesligaspieler zu reifen. Das erwarten auch mein Vater und mein Bruder, die sehr fußballinteressiert sind. (lacht)

Beim VfB gab es in dieser Saison viele Auf und Abs. Wie zufrieden bist du mit deiner persönlichen Leistung?

Omar: „Ich glaube, dass ich ein paar gute Spiele gemacht habe. Viel wichtiger ist aber, dass wir als Mannschaft Punkte holen. Wenn wir gewinnen, wird jeder Einzelne auch besser. In diese Spirale müssen wir kommen.“

Neben deinen Toren begeisterst du uns auch mit deinen Tempodribblings. An welchen Schwächen musst du dennoch noch arbeiten?

Omar: „Ich versuche aus jedem Spiel, meine Schwächen mitzunehmen und an ihnen zu arbeiten. Dabei liegt der Fokus besonders auf meinem schwächeren linken Fuß, meinem Kopfballspiel und Zweikämpfen. Aktuell arbeite ich zusätzlich auch meiner Fitness, die unter meiner Covid-19-Infektion ein wenig gelitten hat.“

Wie bist du eigentlich abseits des Fußballplatzes drauf? Beschreibe dich in drei Worten.

Omar: „Ich bin locker drauf, habe viel Spaß und versuche das Leben und meinen Job zu genießen. Mir ist es auch wichtig, einen guten Draht zu meinen Mitspielern zu haben.“

Wie verbringst du deine Zeit neben dem Fußball?

Omar: „Ich versuche, bestmöglich vom Fußballalltag abzuschalten. Ich telefoniere viel mit meiner Familie, um Zeit mit ihnen zu verbringen. Ab und zu gehe ich auch gerne etwas essen.“

Samstagabend, Flutlicht, Gegner Gladbach. Wie wollt ihr das Spiel angehen?

Omar: „Wir wollen als Mannschaft auftreten, auf dem Platz füreinander da sein und mit den Fans im Rücken eine Einheit sein. 200 Prozent geben und drei Punkte holen.“