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Profis, 5. Februar 2022

"Jeden mit ins Boot nehmen"

In der aktuellen Ausgabe der stadion aktuell spricht Atakan Karazor vor dem Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt am Samstag um 15:30 Uhr über Gebärdensprache, Inklusion und seine Rolle im Team.

Hi Ata, kennst du deinen Namen auf Gebärdensprache?

Ata: „Mit meinen Händen tue ich so, als hätte ich einen Controller in der Hand. Das steht dafür, dass ich gerne zocke. So erkennt man mich.“

Korrekt. Seit dieser Saison werden an der Leinwand eure Namen in Gebärdensprache dargestellt. Wie findest du die Idee?

Ata: „Super, wir wollen jeden mit ins Boot nehmen. Vor Kurzem habe ich hier beim VfB jemanden kennengelernt, der taubstumm ist. Am Anfang wusste ich nicht, wie ich mit dieser Person richtig umgehe. Aber es hat nicht lange gedauert bis das Eis gebrochen war und wir miteinander gelacht haben.“

Der VfB gedenkt an diesem Spieltag allen Menschen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung während des Nationalsozialismus ermordet wurden. Ein Thema, das dich beschäftigt?

Ata: „Das ist natürlich ein sehr dunkles Thema in der Geschichte, was mich auf keinen Fall kalt lässt. Ich finde es wichtig, sich mit solchen Themen auseinanderzusetzen.“

Das Motto an diesem „!Nie wieder“-Spieltag lautet: Jeder Mensch zählt – egal auf welchem Platz. Diese Botschaft wird auch den roten Brustring auf dem VfB-Trikot zieren. Wie wichtig ist dir Inklusion?

Ata: „Inklusion ist etwas, wofür ich mich gerne einsetze und immer mit dabei bin. Mir geht das Herz auf, wenn ich Menschen mit einem Handicap eine Freude machen kann. In der vergangenen Saison haben wir zum Beispiel Rollstuhlfahrer beim Einlaufen begrüßt. Die haben sich wahnsinnig gefreut.“

Mit unserem ehemaligen VfB-E-Sportler Nik Luginsland, der unter einer Glasknochenkrankheit leidet und im Rollstuhl sitzt, verbindet dich eine Freundschaft.

Ata: „Das stimmt! Seit dem Tag, an dem wir uns kennengelernt haben, verstehen wir uns richtig gut. Er hat eine sehr offene, lustige und selbstbewusste Art, die mich schon einige Male zum Lachen gebracht hat. Wir schreiben oft privat miteinander.“

Du kommst aus einer Familie mit Migrationshintergrund. Gab es in deiner Vergangenheit Situationen, in denen du Diskriminierung erfahren hast?

Ata: „Zum Glück nicht. Das liegt sicherlich auch daran, dass ich eine sehr gute Erziehung genossen habe. Meine Eltern haben besonders viel Wert auf Integration und Bildung gelegt.“

Finden auch innerhalb der Mannschaft gesellschaftliche Themen Gehör?

Ata: „Trotz dessen, dass sich in unserem Alltag sehr viel um Fußball dreht, sprechen wir privat auch über gesellschaftliche Themen. Große Teile unserer Mannschaftskasse kommen sozialen Projekten zu Gute, an denen sich jeder von uns gerne beteiligt.“

Blicken wir aufs Sportliche: Wie verlief das Trainingslager in Marbella?

Ata: „Das Trainingslager war wichtig für uns, um Defizite aufzuholen. Wir haben intensiv an unserer Fitness gearbeitet. Ich bin mir sicher, dass wir einen Schritt nach vorne gemacht haben. Die Qualität im Training ist jetzt richtig gut.“

Trotz deines noch jungen Alters von 25 Jahren gehörst du mittlerweile zu den erfahreneren Spielern im Team. Wie fühlt sich das an?

Ata: „Früher habe ich mir immer gedacht, dass ich mit 25 immer noch einer der jüngeren sein werde. Da lag ich wohl falsch. (lacht) Es fühlt sich aber gut an. Ich bin jemand, der sich mit jedem versteht – unabhängig seines Alters. Ich mag die Rolle des Erfahrenen, der den jungen Spielern auch mal den einen oder Rat geben kann und darf.“

Mit Ömer Beyaz hast du seit dieser Saison einen jungen türkischen Teamkollegen an deiner Seite. Nimmt man da automatisch die Rolle als großer Bruder ein?

Ata: „Lustig, aber wahr: Ömer spricht mich seit Beginn immer nur mit „Abi“ an. Das bedeutet im türkischen „Bruder“ und hat eine sehr respektvolle Bedeutung. Ich spreche viel mit Ömer und versuche ihm zu helfen, wo ich nur kann. Ömer ist ein feiner Junge und alle sind sehr zufrieden mit ihm.“

Nun aber zu dir: Der VfB hat bislang viermal gewonnen, dreimal davon standst du 90 Minuten auf dem Platz. Was lernen wir daraus?

Ata: „Vielleicht sollte ich immer spielen? (lacht) Spaß beiseite: Ich freue mich natürlich, dass wir eine gute Bilanz mit mir auf dem Feld haben. Ich glaube, dass ich der Mannschaft eine gewisse Stabilität im Spiel geben kann.“

In dieser Saison hast du oft die Position des tiefen Sechsers hinter Wataru Endo und Orel Mangala bekleidet. Eine Position, die du gerne spielst?

Ata: „Ob auf der Doppelsechs, als Innenverteidiger oder als Abräumer hinter Wataru Endo und Orel Mangala – ich mag jede Position. Wichtig ist es, die jeweilige Position zu 100% auszufüllen und sich gegenseitig zu helfen. Da laufe ich gerne den einen oder anderen Meter mehr fürs Team.“

Worauf kommt es im Spiel gegen Eintracht Frankfurt an?

Ata: „Wenn wir die einfachen Dinge richtig gut machen, erhöhen wir unsere Chancen. Wir wollen unbedingt punkten. Ich habe richtig Lust auf das Spiel.“