
Die Konkurrenz wollte es der U21 mit dem Klassenerhalt so schwer wie möglich machen. Reichten in den vergangenen drei Jahren stets 40 Punkte, um in der 3. Liga zu bleiben, musste der Nachwuchs des VfB vor dem letzten Spieltag sogar mit 46 Zählern noch zittern. Dies ist nur eines von vielen Beispielen, warum der Klassenerhalt der U21 in der 3. Liga mit letztlich 47 Zählern nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
Entwicklung mit Bestwerten
„Ich bin der festen Überzeugung, dass alle Beteiligten in dieser Saison einen großen Schritt nach vorne gegangen sind“, sagt Trainer Markus Fiedler am Saisonende. Eben jener große Schritt in der Entwicklung der jungen Talente war neben dem Klassenerhalt das große Ziel für die Rückkehr in die 3. Liga. Dass dies dem VfB gelang, zeigt sich nicht nur an den Debüts von Jarzinho Malanga, Anrie Chase und Benny Boakye für die Lizenzspielermannschaft, sondern lässt sich auch an einigen Bestwerten ablesen:
- Der VfB stellte im Schnitt mit 21,8 Jahren die jüngste Mannschaft der Liga. Beim 2:2 gegen Wehen Wiesbaden am 3. Spieltag stellte der VfB die jüngste Startelf der gesamten Drittliga-Saison mit im Schnitt 20,6 Jahren auf. Die neun jüngsten Anfangsformationen der Saison waren allesamt vom VfB.
- Der VfB setzte mit Abstand die meisten Eigengewächse ein. In der abgelaufenen Saison standen 24 Spieler für den Club aus Cannstatt in Liga 3 auf dem Rasen, die im eigenen Nachwuchsleistungszentrum ausgebildet wurden.
- Der VfB setzte zudem mit Jarzinho Malanga, Max Herwerth, Eliot Bujupi, Christopher Olivier, Efe Korkut, Elijah Scott (Jahrgang 2006) und Mirza Catovic (Jahrgang 2007) die zweitmeisten Junioren, also Talente, die noch für die U19 spielberechtigt wären, ein. Zudem verteilte der VfB mit 4851 Spielminuten die zweitmeiste Einsatzzeit an eben jene Junioren. Beides kann lediglich Absteiger SpVgg Unterhaching (elf Junioren, 5.011 Minuten) übertreffen.
„Eine U21 dauerhaft mit Spielern aus dem eigenen Stall in der 3. Liga ist eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Daher kann man es nicht hoch genug hängen, dass wir den Klassenerhalt primär mit der Kraft der eigenen Jugend geschafft haben. Dass wir so viele Spieler mit einer hohen Verweildauer im Verein hatten, ist besonders“, sagt Markus Fiedler. Im Schnitt verbrachten die Eigengewächse der Stuttgarter U21 fünf Jahre im eigenen NLZ, bei den Zweitvertretungen von Hannover 96 (1,5 Jahre) und Borussia Dortmund (0,8 Jahre), die beide den Klassenverbleib nicht geschafft haben, ist es deutlich weniger.
Allzeit-Rekord der ungewollten Art
Trotz aller Erfolge in der Spielerentwicklung war die Saison auch von vielen Hürden und Herausforderungen gepflastert. Das große Verletzungspech insbesondere in der Hinrunde sorgte für einen weiteren, eher ungeplanten Saison-Bestwert. „Dass wir mit 44 eingesetzten Spielern den Allzeit-Rekord in der 3. Liga gebrochen haben, war nicht unser Plan. Wir hatten nicht die notwendige personelle Kontinuität. Im Hinspiel gegen Essen waren nur zwei Spieler in der Startelf, die auch im Rückspiel am letzten Spieltag auf dem Platz standen. Dies zeigt, wie herausfordernd vor allem das erste Halbjahr war“, analysiert der Trainer. „Deshalb und auch aufgrund der fehlenden Erfahrung hatten wir unsere Anpassungsprobleme in der Liga.“
Nie vom Weg abgekommen
Dennoch blieb der VfB seinem Weg und seiner Art des Fußballs treu. „Am Ende haben wir unser Ziel unter schwersten Umständen mit unserer Art und Weise, mit unserem Fußball und mit Fleiß und Beharrlichkeit erarbeitet. Wir sind auch unter Extremsituationen nicht von diesem Weg abgerückt und sind diesen immer mit voller Überzeugung gegangen“, betont der 39-jährige Trainer. Auch dies belegen die Zahlen: Der VfB hatte hinter den beiden Aufsteigern Bielefeld und Dresden sowie dem SC Verl den viertbesten Ballbesitz-Wert über die gesamte Saison hinweg und hat zudem die zweitmeisten kurzen sowie die wenigsten langen Pässe gespielt.
Im Winter stark nachgelegt
Dies führte zu einer stabileren Rückrunde. Holten die Jungs aus Cannstatt vor der Winterpause 20 Zähler, waren es in der Rückserie 27. „Wir sind stabiler geworden, waren mit Ausnahme der beiden Spiele gegen Rostock und Bielefeld immer mindestens auf Augenhöhe und haben die Spiele häufig dominant gestaltet“, blickt Markus Fiedler zurück und ergänzt: „Die Ergänzungen von Laurin Ulrich, Mo Sankoh und Jannik Hofmann im Januar waren enorm wichtig. Laurin war einer der herausragenden Spieler der Rückrunde. Jannik und Mo haben uns mit ihrem Tempo und ihrer Mannschaftsdienlichkeit enorm geholfen und neue Facetten gegeben.“
„Wie eine Meisterschaft“
Nicht nur für die Talente war der Abstiegskampf im Profi-Fußball eine gänzlich neue Erfahrung. „Für mich ist der Klassenerhalt in der für uns als U21 höchsten Liga wie eine Meisterschaft. Ich war als Trainer bisher immer erfolgsverwöhnt, sei es mit der U15, mit der U17 oder auch letztes Jahr mit der U21“, gibt Markus Fiedler Einblicke in seine Gefühlswelt. „Diese Saison hat uns allen alles abverlangt. Intensive Arbeit, Glaube, Entschlossenheit und Wille haben sich durchgesetzt. Daher ist der Klassenerhalt unser persönlicher Titelgewinn.“
Umbruch steht bevor
Weiter den jungen und wilden VfB-Fußball zu spielen, wird auch in der kommenden Saison das Ziel sein. Gleichwohl stellt sich der Trainer auf einen erneuten Umbruch in der Mannschaft ein. „Einige zentrale und verdiente Spieler haben uns verlassen, Jüngere werden aus der U19 aufrücken und müssen nun über die Schwelle zum Profi-Fußball gehen. Die 3. Liga ist kein Zuckerschlecken, sondern ein hartes Geschäft. Wir müssen uns so aufstellen, dass wir den Anforderungen gewachsen sind, idealerweise aber mit vielen Spielern aus dem eigenen Nachwuchs.“
