Zweifelsohne verfügt die TSG Hoffenheim über eine hochtalentierte und entwicklungsfähige Mannschaft mit Akteuren in ihren Reihen, die auf dem Weg zu großen Fußballern sind. Doch in der vergangenen Saison schaffte es Marco Pezzaiuoli nicht, dieses junge Team zum Erfolg zu führen, das zuvor über mehrere Jahre den akribischen Arbeitsstil von Ralf Rangnick gewohnt war. Der gebürtige Backnanger kündigte Anfang des Jahres, sein vormaliger Assistenztrainer übernahm.
Holger Stanislawski in voller Aktion
Schnell wurde deutlich, dass diese Konstellation nicht passte. Bereits im April wurde die Beurlaubung von Pezziauoli zum Saisonende bekanntgegeben, gleichzeitig verkündete Sportdirektor Ernst Tanner die Verpflichtung von Holger Stanislawski als neuen Cheftrainer. Zweifel, ob der jahrelange Spieler und spätere Trainer des FC St. Pauli auch in der Provinz leben und arbeiten könne, gab es kaum. Zu groß war das Ansehen des gebürtigen Hamburgers in Fußballdeutschland. Schließlich schaffte er mit wenigen Mitteln den Bundesligaaufstieg und vor allem in der Vorrunde der vergangenen Spielzeit beachtliche Ergebnisse mit dem Kiezklub.
Auf der Suche nach seiner Topform
Bei der TSG fand sich Stanislawski in einer anderen Welt wieder. Von der Reeperbahn in den Kraichgau, vom Traditionsklub zu einem fast schon einzigartigen Fußballprojekt, von Kampf, Leidenschaft, Erfahrung und Einsatzwillen zu Talent, Spielfreude, Jugend und Nationalspielern. Hießen seine ehemaligen Stars noch Marius Ebbers, Matthias Lehmann oder Fabian Boll, arbeitet der 42-Jährige mittlerweile mit Spielern wie Ryan Babel, Chinedu Obasi, Vedad Ibisevic oder Andreas Beck zusammen, allesamt Nationalspieler ihrer Heimatländer und Leistungsträger der TSG. Auch wenn Ibisevic nach seinem Muskelbündelriss in dieser Spielzeit noch keinen Einsatz in der Bundesliga hatte, gehört der Stürmer aus Bosnien-Herzegowina doch zu den gefährlichsten Angreifern der Hoffenheimer.
Hoffenheims Star: Ryan Babel
In Abwesenheit des Torjägers schaffte der Niederländer Babel seinen Durchbruch bei der TSG. Vier Treffer gelangen dem pfeilschnellen Konterstürmer bisher. Ebenso treffsicher wie Babel zeigte sich bis dato auch der hochtalentierte Roberto Firmino, der ebenfalls seit Beginn dieser Saison in guter Verfassung ist und das Angriffsspiel der Hoffenheimer belebt. Als Dritten im Angriffsbund stellte Stanislawski in den bisherigen acht Partien, von denen vier mit einem Sieg, drei mit einer Niederlage und eines mit einem Remis endeten, meistens Chindeu Obasi auf. Noch ist der Nigerianer nach einer rund einjährigen Verletzungspause auf der Suche nach seiner Topform, doch allzu weit entfernt ist er davon nicht mehr.
Ungewöhnliche Trainingsmethoden und Motivationskünste
Aufgrund dieses Überangebots an offensiven Spielern tun sich die nachstrebenden Angreifer schwer. Nah dran an der Startelf ist Peniel Mlapa, der unter der Woche beim 8:0-Sieg der deutschen U21-Nationalmannschaft in San Marino gleich dreimal traf. Doch auch Gylfi Sigurdsson, Knowledge Musona (kam von den Kaizer Chiefs), der wiedergenesene Boris Vukcevic (nach Wadenbeinbruch) und Sven Schipplock lauern auf ihre Chance. Ex-VfBler Schipplock ist nach seinem Wechsel im Sommer zur TSG noch nicht über den Status eines Einwechselspielers hinaus gekommen, traf aber beim 8:0 der TSG Hoffenheim II gegen den SC Pfullendorf vor ein paar Wochen sage und schreibe fünfmal.
Trotz seiner Reservistenrolle ist Schipplock nicht unzufrieden in Sinsheim, dafür sorgen auch die ungewöhnlichen Trainingsmethoden und die Motivationskünste von Holger Stanislawski. Mal lässt er die "Reise nach Jerusalem" spielen, wobei die Verlierer tanzen müssen, mal zeigt er lustige youtube-Videos oder er stachelt seine Profis per Videostudium dazu an, so zu spielen wie Real Madrid gegen den FC Barcelona.
Dass seine Mannschaft bisher funktioniert, liegt auch an der eingespielten Defensive und dem formstarken Torwart Tom Starke. Zusammen ließen sie bisher nur sieben Gegentore zu. Vor der Viererkette um Kapitän Andreas Beck, den Innenverteidigern Isaac Vorsah und Marvin Compper sowie dem Linksverteidiger Edson Braafheid spielt Sebastian Rudy mit wechselnden Partnern auf der Doppelsechs eine bisher gute Runde. Die TSG Hoffenheim ist wieder ein Gesamtgefüge, dass die Handschrift des neuen Trainers trägt und das durchaus eine Rolle spielen kann, im Kampf um die vorderen Plätze.
So könnte die TSG gegen den VfB spielen:
Starke – Beck, Vorsah, Compper, Braafheid – Rudy, Williams, Firmino, Sigurdsson, Obasi - Babel