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Profis 19. März 2022

"Energie der Fans spüren, genießen und nutzen"

Im Interview mit der stadion aktuell spricht Sasa Kalajdzic vor dem Heimspiel gegen den FC Augsburg am Samstag um 15:30 Uhr über sein Zusammenspiel mit Borna Sosa, sein verbessertes Kopfballspiel und Druck im Kampf um den Klassenerhalt.

Hallo Sasa, du hast nun 50 Pflichtspiele im Brustring-Trikot absolviert. Weißt du, an wie vielen Toren du beteiligt warst?

Sasa: „Da muss ich kurz überlegen, warte … knapp 30 Torbeteiligungen, oder?“

Exakt 50 Spiele und 30 Torbeteiligungen. Zufrieden?

Sasa: „Man muss sich bei solchen Statistiken ja auch immer die Minuten anschauen, denn ich habe ja nicht jedes Spiel von Anfang an bestreitet. Gerade zu Beginn hatte ich auch viele Kurzeinsätze. Von daher ist die Bilanz ordentlich, aber da geht trotzdem noch mehr.“

Nächste Statistik: Du hast 16 deiner 19 Bundesligatore in der zweiten Hälfte erzielt. Gibt es dafür eine Erklärung? 

Sasa: „Oh, das wusste ich gar nicht. Vielleicht bin ich in der zweiten Hälfte fokussierter? Oder vielleicht brauche ich immer etwas Zeit, um mich ins Spiel zu finden? Die Bilanz ist einerseits positiv, aber auch negativ. Ich möchte in Zukunft schon früher treffen. Ich werde daran arbeiten. Aber die Hauptsache ist ja sowieso, dass wir am Ende des Spiels gewinnen.“

Am vergangenen Spieltag hieß es zum insgesamt achten Mal: Flanke Sosa, Tor Kalajdzic. Hast du auf dem Platz schon mal jemals so eine gute Verbindung gehabt?

Sasa: „Nein, so eine gute Verbindung habe ich in dieser Form - speziell mit einem Mitspieler - bisher noch nicht gehabt. Ich hatte viele Mitspieler, mit denen ich gut harmoniert habe, aber, dass sich so ein Erfolgsrezept daraus entwickelt hat, hatte ich noch nicht in meiner Karriere. Die Verbindung zu Borna ist schon etwas Besonderes.“

Wieso ist es so schwer, euch zu verteidigen?

Sasa: „Unsere Fähigkeiten passen einfach gut zueinander: Ich bin mit meiner Größe, schwer zu verteidigen und Borna schlägt präzise Flanken mit sehr viel Schärfe. Wir wissen, wenn Borna den Ball hat, ist der schnellste Weg zum Tor oft die Flanke in den Strafraum. Dementsprechend gehen wir oft diesen Weg, weil wir um unsere Qualitäten wissen. Ich habe die Fähigkeiten, die er braucht. Und er hat die Fähigkeiten, die ich brauche, um erfolgreich zu sein. Es gab Tore, wo ich nur noch den Fuß oder den Kopf hinhalten musste, es gab aber auch Bälle, wo ich das Maximum rausgeholt habe. Jedes zweite Tor gehört einem anderen, da können wir uns 50/50 aufteilen.“

Müsst ihr manchmal selbst drüber schmunzeln, wie gut ihr harmoniert?

Sasa: „Ja, auf jeden Fall. Auch vor dem Spiel quatschen wir häufig darüber. Denn es ist einfach eine Waffe, die spielentscheidend sein kann – und dessen sind wir uns bewusst. Dennoch wollen wir unser Offensivspiel nicht nur auf diesen einen Weg reduzieren.“

Harmoniert ihr auch neben dem Platz miteinander?

Sasa: „Ich bringe gerne ein Beispiel: Wenn man in den Baumarkt geht, suche ich mir gerne jemanden, dessen Name auf „ic“ endet. So weiß ich, dass derjenige serbokroatisch spricht und man sich gleich mit ihm verbunden fühlt – und man kriegt dann natürlich ein paar Prozente. (lacht) So ist es auch bei Borna und mir. Dadurch, dass wir beide dieselbe Sprache sprechen, haben wir einfach eine besondere Verbindung zueinander.“

Wir erinnern uns zurück, als du zu Mario Gomez mal sagtest, dass du kein guter Kopfballspieler wärst. Lüge oder Bescheidenheit?

Sasa: „Das war keine Lüge. Ich habe in meiner Karriere zwar immer wieder ein paar Kopfballtore gemacht, aber das waren meist Situationen, die nicht so viel mit Qualität zu tun hatten, sondern, wo ich einfach nur noch meinen Kopf hinhalten musste. Ich hatte ein gutes Timing, aber kein gutes Kopfballspiel. Erst letzte Saison hat sich mein Kopfballspiel verbessert, weil ich sehr viel dafür trainiert habe – und natürlich mit Borna einen perfekten Flankengeber hatte. Deshalb fliegt mir der Satz, den ich zu Mario gesagt habe, heute noch um die Ohren. (lacht)

Doch für dich lief nicht alles rund in dieser Saison: Zunächst eine Covid-19-Infektion, dann eine monatelange Schulterverletzung, zuletzt zwickte die Wade. Bist du überhaupt schon wieder bei 100 Prozent?

Sasa: „Ich glaube, dass ich phasenweise wieder bei 100 Prozent bin – aber noch nicht konstant über 90 Minuten. Ich bin froh, dass ich während meiner Schulterverletzung eine richtig gute Reha hatte. Deshalb konnte ich schnell wieder auf gutem Niveau mitmischen. Aber es gibt im Spiel immer wieder Phasen, in denen ich merke, dass ich noch nicht am Limit bin.“

Wie sehr tat es dir in der Hinrunde weh, der Mannschaft in so einer schwierigen Situation nicht helfen zu können?

Sasa: „Im Stadion zu sitzen und das Gefühl zu haben, nicht helfen zu können, ist sehr hart. Du siehst wie deine Freunde auf dem Platz alles geben, aber immer wieder Probleme bekommen und auf meiner Position vielleicht meine Hilfe bräuchten.“​

Gemeinsam mit Silas hast du dich nach mehreren Monaten in der Reha zurückgekämpft. Nun fällt Silas erneut aus – mit einer ähnlichen Schulterverletzung, wie du sie hattest. Hast du mit ihm nach der Diagnose sprechen können?

Sasa: „Ich habe mir ein paar Sätze zusammengeschrieben und sie mit dem Google-Übersetzer auf Französisch übersetzen lassen. Ich hoffe, es klang einigermaßen logisch. (lacht) Spaß beiseite: Ich weiß natürlich, wie sich Rückschläge anfühlen und habe ihn deshalb versucht, wieder aufzubauen. Ich erkundige mich oft nach seinem Gesundheitszustand. Er kriegt alle Zeit der Welt und wenn er eines Tages wieder glücklich auf dem Platz steht, dann sind wir es auch.“

Mit Omar Marmoush, Tiago Tomás und Chris Führich hast du Offensivspieler um dich herum, mit denen du nicht viel Zeit hattest, dich einzuspielen. Wie gut funktioniert schon euer Zusammenspiel?

Sasa: „Wir haben es in den vergangenen Spielen phasenweise gut gemacht, aber wir haben auch noch Luft nach oben. Fakt ist: Die Jungs haben alle eine ordentliche Geschwindigkeit. Deshalb versuche ich, für sie immer wieder Räume zu öffnen. Es macht Spaß, mit ihnen zusammen zu spielen. Es geht in die richtige Richtung.“

Worauf kommt es im Kampf um den Klassenerhalt mehr an: Mentalität oder Qualität?

Sasa: „Du brauchst einen guten Mix, um erfolgreich zu sein. Fehlt dir Mentalität, bist du schnell unten drin. Fehlt dir Qualität, bist du schnell unten drin. Im Kampf um den Klassenerhalt ist vielleicht etwas mehr Mentalität gefragt, weil man die zweitweise verlorengegangene Qualität ausgleichen muss. Diese kann man sich dann nur über Mentalität zurückholen. Ich glaube, dass dieser Weg uns in den letzten Partien auch stark gemacht hat. Wir brauchen diese Balance, um erfolgreich zu sein.“

Wie gehst du persönlich mit Druck um?

Sasa: „Was ich gelernt habe, ist, dass man sich selbst keinen Druck machen darf. Ich weiß, dass sich viele auf meine Tore verlassen. Aber es ist wichtig, sich nicht so viele Gedanken zu machen. Ich versuche, einfach in jeder Minute des Spiels mein Bestes abzuliefern. In meiner Freizeit versuche ich, so wenig wie möglich an Fußball zu denken und mich mit positiver Energie zu umgeben.“

Am Samstag wirst du vor einer vor einer Kulisse spielen, vor der du in der Mercedes-Benz Arena aufgrund der Pandemie und Verletzungen noch nie spielen durftest. Wie sehr kribbelt es?

Sasa: „Es ist nach wie vor unvorstellbar, dass ich hier in Stuttgart noch nicht vor voller Kulisse spielen durfte. Ich glaube, so richtig werde ich es erst realisieren, wenn ich ins Stadion einlaufe. Ich hatte schon gegen Gladbach Gänsehaut. Wenn ich mir vorstelle, dass gegen Augsburg vielleicht doppelt so viele Fans kommen - das ist der Wahnsinn. Wir wollen die Energie der Fans spüren, genießen und nutzen, um drei Punkte zu holen.“