Irgendwie anders
Die Fans des SV Darmstadt 98 haben es zum Saisonbeginn auf den Punkt gebracht. „Hier ticken die Uhren noch anders“ stand beim ersten Bundesliga-Spiel nach 33 Jahren Abstinenz im deutschen Fußball-Oberhaus auf einem großen Spruchband geschrieben. Diese Begegnung Mitte August war ein Heimspiel gegen Hannover 96 (2:2) und die Gäste aus Niedersachsen werden wohl bemerkt haben, was die Fans der Gastgeber damit meinen. Da ist das Stadion Böllenfalltor, das seit 1921 die Heimspielstätte des Teams ist. Zwar gab es über die Jahrzehnte hinweg mehrere Umbaumaßnahmen, doch versprüht das Stadion einen Hauch von Fußball-Nostalgie, der in der Bundesliga selten geworden ist. „Natürlich sind das Stadion und das Trainingsgelände nicht mit denen anderer Erst- oder Zweitligisten zu vergleichen. Es gibt sogar Drittligisten, bei denen es moderner und professioneller aussieht“, sagte selbst der Spieler Marcel Heller in einem Interview mit dem Magazin 11Freunde.
Darmstadts bester Torschütze: Marcel Heller
Der rasante Aufstieg begann mit einem Abstieg
Der schnelle Außenbahnspieler ist derweil Teil des „etwas anderen“ Teams, dem überwiegend Profis angehören, die entweder noch ohne Bundesligaerfahrung in diese Saison gestartet sind oder deren Karrieren auf Umwegen in die höchste deutsche Spielklasse geführt haben. Zu Letzteren gehört auch Marcel Heller. Von 2006 bis 2011 bestritt der schnelle Außenbahnspieler 34 Bundesliga-Spiele für Eintracht Frankfurt – die wenigsten über die komplette Spielzeit.
Nach Stationen in der 2. und 3. Liga schreibt der 29-Jährige nun seit der Saison 2013/2014 mit seinen Teamkollegen Darmstädter Erfolgsgeschichte. Nach zwei Aufstiegen in Serie ist er in der laufenden Spielzeit mit vier Treffern der bisher beste Torschütze der Hessen. Es läuft also für Marcel Heller und Co. auch in der Bundesliga. Als Tabellenelfter reisen die Darmstädter an diesem Sonntag in die Mercedes-Benz Arena (Anstoß 15:30 Uhr, jetzt noch Tickets sichern).
Dieser Aufstieg des SV Darmstadt 98 begann dabei eigentlich mit einem Abstieg – einem sportlichen. Denn in der Saison 2012/2013 landeten die Lilien in der 3. Liga auf einem Abstiegsplatz. Nur der Lizenzentzug der Offenbacher Kickers verhinderte den Sturz in die Viertklassigkeit. Danach ging es steil bergauf.
Ein Jahr später schafften die Darmstädter in der Relegation den Aufstieg in 2. Bundesliga. Schließlich folgte der Durchmarsch ins Fußball-Oberhaus, dem die Hessen bereits 1978/1979 sowie 1981/1982 angehörte. In ihrer Bundesliga-Premierensaison tickten die Uhren übrigens ebenfalls noch etwas anders. Seinerzeit trug die Mannschaft den Beinamen „Feierabendfußballer vom Böllenfalltor“, weil die Spieler nach dem Aufstieg noch ihren erlernten Berufen nachgingen. Damals stand am Ende der Saison der Abstieg. Diesen wollen ihre „Nachfahren“ vermeiden, damit die Bundesliga-Uhr des Clubs noch etwas weiter tickt – wenn auch ein bisschen anders.