"Regional bezogene Projekte unterstützen"
Karl Allgöwer ist Rekordspieler beim VfB. 338 Bundesligaspiele im Trikot mit dem roten Brustring absolvierte der 58-jährige Vize-Weltmeister und traf dabei 129 Mal ins Tor des Gegners. Nicht erst seit seinem Karriereende zeigt Karl Allgöwer soziales Engagement, ist unter anderem Mitglied im EAGLES Charity Golf Club e.V.. Er besucht seit langem und regelmäßig das Theaterhaus in Stuttgart, das dieses Jahr sein 30-jähriges Bestehen feierte. Werner Schretzmeier ist dessen Leiter. Der gebürtige Schorndorfer, 71 Jahre alt und eine künstlerische Institution der Stadt, engagiert sich darüber hinaus vielfältig – auch im VfBfairplay Projekt für Flüchtlinge, „Fußball verbindet“. Ein Gespräch über Fußball, Kultur und soziales Engagement.
Herr Schretzmeier, an welche Stadionbesuche erinnern Sie sich besonders?
Werner Schretzmeier: „Ich erinnere mich an viele Stadionerlebnisse gerne, wie zum Beispiel an ein Duell gegen 1860 München in den 1960er Jahren. Damals war nur die Haupttribüne im Neckarstadion überdacht, die Schüssel aber sowas von voll. Oder an die 1950er Jahre mit Robert Schlienz als Anführer einer goldenen VfB Generation. Und vor allem an ein Spiel des VfB in Mannheim. Es wurde noch mit Gesäßtaschen in den Hosen gespielt. Erwin Waldner zog mitten im Spiel den Kamm heraus, hat seine Haare zu Recht gemacht und danach den Kamm wieder weggesteckt. Ich fand das so super, weil das auch was über den Typ erzählt hat.“
Und wann haben Sie Ihr erstes Stück im Theaterhaus gesehen, Herr Allgöwer?
Karl Allgöwer: „Das genaue Datum weiß ich nicht mehr. Es war noch im alten Theaterhaus in Wangen, und ich meine, dass es politisches Kabarett mit Gerhard Polt war. Zum Kabarett bin ich über die Lach- und Schießgesellschaft gekommen. In den 1980ern haben sie den VfB Spielern angeboten, das Kabarett zu besuchen. Das Interesse im Mannschaftskreis war überschaubar. Mir hat es gefallen, und ich bin dann des Öfteren hin.“
Wie haben Sie nach fast 15 Jahren Profifußball den Übergang in den „normalen“ Alltag geschafft?
Karl Allgöwer: „Das war eine große Herausforderung und hat viel Disziplin erfordert. Bei mir haben das Abtrainieren und eine gesunden Balance zu finden fünf Jahre gedauert. Der Kopf spielt in der ersten Liga, auch heute noch, der Körper eher in der Kreisliga. Aber für die VfB Traditionsmannschaft reicht es noch (lacht).“
Auch im Theaterhaus rollt der Ball regelmäßig…
Werner Schretzmeier:„…das Kicken am Dienstagabend ist für mich unverzichtbar, weil ich es in zweierlei Hinsicht unheimlich gerne mache. Zum einen tut es körperlich gut, und wenn man dann noch den einen oder anderen in meinem fortgeschrittenen Alter auf den falschen Fuß setzen kann – was gibt es Schöneres (lacht).“
Karl Allgöwer: „Seinen Ehrgeiz kann ich bestätigen. An seinem Geburtstag ist es mir nicht gelungen, ihm zu gratulieren. Er hat mich an der Seitenlinie keines Blickes gewürdigt, war voll fokussiert auf das Geschehen auf dem Platz.“
Was ist das Besondere am Fußball für Sie?
Werner Schretzmeier: „Es macht Spaß und Freude. Ich habe es gerne, wenn es darum geht, zu gewinnen, wobei ich auch verlieren kann. Das Fußballspielen gibt dem ganzen Dienstagabend eine qualitative Note und fördert zudem den sozialen Austausch im Haus ungemein.“
Und was ist am Theaterhaus besonders?
Karl Allgöwer: „Was hier geschaffen wurde, verdient allerhöchsten Respekt. Man trifft viele verschiedene Leute. Das Gebäude ist herausragend, auch Dank der Unterstützung der Mercedes-Benz Bank. Und vor allem die Kulturvielfalt ist interessant. So ein kulturelles Angebot muss mindestens erhalten und nach Möglichkeit ausgebaut werden. Die Stadt Stuttgart kann sich glücklich schätzen, das Theaterhaus so engagiert vorzufinden.
Gibt es Momente im Theaterhaus, an die Sie sich gerne erinnern?
Karl Allgöwer: „Ich bin Kabarettfan, und die besten Kabarettisten kommen hier vorbei. Das kann ich nur empfehlen. Insofern gibt es viele Momente.“
Das kürzlich zu Ende gegangene internationale Tanzfestival Colours, anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Theaterhauses, war Teil Ihres vielfältigen Programms und hat viel Lob erhalten, war also ein erfolgreiches Projekt. Welche Bedeutung hat Erfolg für das Theaterhaus?
Werner Schretzmeier: „Erfolg ist für uns Voraussetzung, um als Theaterhaus zu existieren. Denn wir sind ein Privattheater, das 75 Prozent der Kosten über Kulturangebote erwirtschaften muss. Jeder, der hier arbeitet, weiß, dass Erfolg etwas Kostbares ist und schnell wieder weg sein kann. Ihn zu verstetigen, ist harte Arbeit.“
Sind sozial engagiert: Schretzmeier und Allgöwer
Wie haben Sie im Fußball Erfolg für sich definiert?
Karl Allgöwer: „Primär war es für mich ein Geschäft, in dem man ständig mit Druck zu kämpfen hatte. Verschiedene Spieler hatten zum Beispiel Verträge, die abhängig von den Zuschauerzahlen waren. Auch aus diesem Grund habe ich erst nach meiner aktiven Laufbahn wieder richtig Spaß am Fußballspielen gehabt. Natürlich gab es aber auch während meiner Profilaufbahn tolle Zeiten, wie zum Beispiel die Saison 1983/84.“
Lässt sich die Schauspielerei mit dem Fußball vergleichen?
Werner Schretzmeier: „Fußballer müssen innerhalb von wenigen Sekunden auf dem Platz Entscheidungen treffen, die man auch teilweise nicht trainieren oder simulieren kann. Man muss also mental stark sein. Die Kunst bietet viele Möglichkeiten an, einen mentalen Ausgleich zu schaffen, beispielsweise durch das Schauen bestimmter Tanzformen oder das gemeinsame Erleben von Veranstaltungen.“
Sowohl während Ihrer Karriere als Fußballer als auch heute noch engagieren Sie sich im sozialen Bereich. Woher kommt diese Einstellung?
Karl Allgöwer: „Das hängt mit meiner Herkunft zusammen. Ich komme aus einer Arbeiterfamilie, bin praktisch über Nacht ins Profigeschäft gekommen, dachte nie, dass ich damit jemals Geld verdienen würde. Deshalb habe ich mich auch nicht grundlegend verändert und mir den Kopf verdrehen lassen. Dadurch habe ich einen großen Rückhalt in der Bevölkerung und bei Freunden gefunden. Und durch meine Bekanntheit konnte und kann ich mich sozial engagieren, was ich gerne mache. Mir ist dabei wichtig, dass das Geld auch an der richtigen Stelle ankommt.“
Das Theaterhaus ist Kooperationspartner des VfBfairplay Projekts für Flüchtlinge, „Fußball verbindet“. Sie haben das Projekt mitinitiiert und sehr schnell Unterstützung zugesagt. Wie wichtig ist es für Sie, sozial engagiert zu sein?
Werner Schretzmeier: „Nicht nur ich, sondern das ganze Theaterhaus hat Freude daran, Hilfe zu leisten und diese auch, zusammen mit dem VfB, auszubauen. Unsere Belegschaft erwartet das auch ein Stück weit. Es braucht so einen großen Verein wie den VfB und eine Einrichtung wie das Theaterhaus, um die Menschen für bestimmte Themen zu sensibilisieren. Die Mercedes-Benz Bank schließe ich bei den Unterstützern mit ein. Dort wird von der Spitze weg hervorragende Arbeit in diesem Bereich geleistet.“
Was kann im Sport, das soziale Engagement betreffend, noch besser gemacht werden?
Karl Allgöwer: „Man sollte Prioritäten setzen, eher regional bezogen Projekte unterstützen. Wenn man sich dafür entscheidet, dann sollte es auch nachhaltig passieren. Der VfB macht das und zeigt damit, dass er mehr als ein Unternehmen ist.“
Wäre Karl Allgöwer eigentlich ein guter Schauspieler geworden?
Karl Allgöwer: „Ich denke, dass ich mir den richtigen Beruf ausgesucht habe. Denn da gehört auch Talent dazu (lacht). Ich war kein Schwalbenkönig, war authentisch und bin es noch immer. Das macht es nicht einfacher, denn es gibt auch immer mal wieder Kritiker, aber das macht mir nichts aus. Wenn man geradlinig ist, kann man einfacher argumentieren.“
Und Werner Schretzmeier ein guter Fußballprofi?
Werner Schretzmeier: „Mit Sicherheit ein emotionaler Fußballer, denn Fußball ist eine Sache, bei der man sich äußern sollte.“
Auf welcher Position?
Werner Schretzmeier: „Ich habe immer dort gespielt, wo meine Mitspieler wussten, dass es da noch einen gibt, den man gut anspielen kann. Also auch ein Art Regisseur.“