Bayer 04 Leverkusen hat eine Tugend mehr als im Hinspiel gegen den VfB: Geduld. Die vergangene Partie der Werkself in Paderborn war ein guter Beleg für diese Entwicklung. Das Team des Cheftrainers Roger Schmidt hat sich nicht verunsichern, nicht aus der Ruhe bringen lassen, als der Aufsteiger den Champions League-Teilnehmer vor eine große Herausforderung stellte, ihn unter Druck setzte, sich Chancen zur Führung erspielte. Vielmehr haben die Bayer-Profis die erste eigene gute Möglichkeit zum 1:0 genutzt – und mit den beiden darauffolgenden Treffern vom Ergebnis her sogar noch den Anschein einer klaren Angelegenheit erweckt.
Das mit der Geduld ist natürlich ein wenig zugespitzt, denn sie fehlte davor ja nicht gänzlich. Doch im Verlauf der Saison wurde deutlich, dass Bayer Leverkusen die Balance zwischen Anrennen und dennoch nicht den Kopf verlieren besser findet. Ein knappes Ergebnis auch einmal über die Zeit bringen, in diesem Punkt hat sich die Werkself verbessert. Das heißt aber nicht, dass die Mannschaft von Roger Schmidt von ihrem ursprünglichen Plan des Pressings abgerückt ist, vor allem nicht von dem des direkten Gegenpressings nach einem Ballverlust.
Nicht auf Teufel komm raus
Seit dieser Saison Bayer-Trainer: Roger Schmidt
Das Pressing wird nur eben nicht mehr ständig, nicht mehr ganz so offensiv, nicht mehr so extrem, quasi nicht auf Teufel komm raus praktiziert. Die Wahrscheinlichkeit für ein 3:3 wie in der Hinrunde in der Mercedes-Benz Arena ist geringer geworden, und die 4:5-Niederlage vor etwa einem Monat gegen den VfL Wolfsburg ist vielmehr als eine Ausnahme, welche die Regel bestätigt, zu verstehen. In dieser Phase hatte Bayer Leverkusen ohnehin einen kurzen Durchhänger mit zwei Niederlagen und einem Unentschieden in Serie in der Bundesliga.
Doch der 1:0-Hinspielsieg gegen Atletico Madrid in der Königsklasse und die beiden jüngsten Bundesligaerfolge zeigen genauso wie der Einzug ins Viertelfinale des DFB-Pokals, dass die Mannschaft wieder gefestigt ist sowie die Spielidee von Roger Schmidt verinnerlicht hat und eben auch zunehmend stabiler umsetzen kann.
Mit dem Rückspiel gegen den amtierenden spanischen Meister und dem DFB-Pokal-Duell gegen den deutschen Rekordmeister aus München stehen in naher Zukunft große Herausforderungen und Saisonmomente an. Dass der Tabellenvierte deshalb an diesem Freitag im Heimspiel gegen den VfB (20:30 Uhr) aus Schonungsgründen nicht den vollen Einsatz zeigen wird, ist eine Mär. Schon allein, weil das Team in der Bundesliga hart um die direkte Qualifikation für die Champions League kämpft.
Herausragende Individualkönner
Ohnehin stehen im Bayer-Kader einige herausragende Individualkönner, die eine Partie auch alleine entscheiden können, wenn es im Kollektiv mal nicht so läuft. Beispielsweise durch einen unhaltbaren Freistoß. Insofern wäre es für den VfB eine gute Nachricht, wenn Hakan Calhanoglu nach seinen Knieproblemen am Freitag noch nicht eingesetzt werden könnte oder würde. Möglich ist dies allerdings genauso wie die Rückkehr von Lars Bender nach dessen Kapselverletzung im Sprunggelenk. Nicht dabei ist definitiv Emir Spahic, der wegen seiner fünften gelben Karte aussetzen muss.
Doch wer auch immer den VfB Profis am Freitag zum Auftakt des 25. Spieltags gegenüberstehen wird, Bayer Leverkusen hat trotz seiner Qualität auch zu Hause schon in sieben Partien Punkte liegen lassen. Mit fünf Siegen, sechs Unentschieden und einer Niederlage rangiert die Werkself auf Platz sieben der Heimtabelle. Da muss sich der Auswärtssechste der Liga keineswegs verstecken.