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2015, 5. Februar 2015
Bundesliga, 05.02.2015

Taktik, Taktik, Taktik

Der bayerische Cheftrainer Pep Guardiola hat das mannschaftliche Verhalten während eines Fußballspiels auf eine neue Stufe gehievt – in Deutschland jedenfalls.

Der FC Bayern München ist ein großer Club. Der deutsche Rekordmeister ist so groß, dass in der Regel keiner seiner Protagonisten größer ist als der Club. In der Regel. Pep Guardiola ist vielleicht die Ausnahme. Vor dem aktuellen Chefcoach waren große Trainer wie Felix Magath, Ottmar Hitzfeld oder Jupp Heynckes für die sportlichen Geschicke in der bayerischen Landeshauptstadt verantwortlich. Letzterer wurde sogar Triplesieger – ein Novum in Deutschland. Doch trotz der Erfolge, trotz der vielen Weltklassespieler, die das FCB-Trikot trugen und tragen, stand über den Titeln und Siegen immer der FC Bayern.

Mit dem Amtsantritt von Pep Guardiola entstand aber irgendwie der Eindruck, dass der FC Bayern als Institution und sein Trainer als Individuum auf einer Stufe stehen. Das resultiert natürlich nicht aus der Motivation des Spaniers heraus, sondern vielmehr aus der immens großen medialen Aufmerksamkeit, die dem ehemaligen Profi und Coach des FC Barcelona zuteilwird. Während auf die früheren Trainer und die aktuellen Spieler immer wieder Schlaglichter geworfen wurden und werden, ist Pep Guardiola sozusagen das Stroboskoplicht, das ständig aufblitzt.

19.700.000 Treffer bei Google

Die Suchergebnisse von Google dienen diesem Eindruck zumindest als Nährboden. Zwar spuckt die Suchmaschine bei „FC Bayern München“ mit etwa 34,5 Millionen Treffern mehr aus als bei „Pep Guardiola“ (19,7 Millionen), doch für eine Einzelperson ist das im Vergleich zu einem kompletten Club schon eine ordentliche Zahl. Darüber hinaus kommen schillernde Stars wie Arjen Robben (15,9 Millionen) oder Weltmeister und Fast-Weltfußballer wie Manuel Neuer (16,5 Millionen) auf eine geringere Trefferanzahl. Die beinahe eine Milliarde Treffer bei „Thomas Müller“ müssen derweil mit der Häufigkeit des Namens in Verbindung gebracht werden. Vielmehr zählt sowieso der Vergleich auf der Trainerebene. Seine Vorgänger lässt der 44-jährige Spanier derweil meilenweit hinter sich. Felix Magath (467.000), Ottmar Hitzfeld (480.000) und Jupp Heynckes (521.000) durchbrechen gemeinsam lediglich die Millionengrenze.

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Ist sehr aktiv an der Seitenlinie: Pep Guardiola

Dies soll jedoch mitnichten als Kritik verstanden werden, das riesige Interesse und die daraus resultierende Omnipräsenz des Fußballlehrers sind verständlich. Pep Guardiola hat schließlich die Taktik in Fußball-Deutschland auf eine neue Stufe gehoben – egal, ob bewusst oder unbewusst. So wie die Redewendung „Chancen kreieren“ immer mit Louis van Gaal in Verbindung gebracht wird, so fällt in Gesprächen über Pep Guardiola sicherlich fast immer der Begriff „Taktik“. Der Spanier lebt und liebt sie, traut sich beim FC Bayern, wo Dauererfolg Pflicht ist, Neues auszuprobieren, wagt auch in entscheidenden Spielen Experimente. So ließ er seine Mannschaft im DFB-Pokalfinale 2014 gegen Borussia Dortmund mit einer Dreierkette in der Abwehr auflaufen – und das, obwohl dieses „Experiment“ in der Saisonvorbereitung beim Test gegen Red Bull Salzburg mit 0:3 deutlich scheiterte. Die Bayern bezwangen den BVB am Ende mit 2:0 und sicherten sich damit den zweiten Titel der Saison. Zuvor wurde das Team der früheste Deutsche Meister der bisherigen Bundesligageschichte.

Trotz des Halbfinalaus in der Champions League hat Pep Guardiola unter dem Strich in seinem ersten Jahr also gleich großen Erfolg gehabt. Dies erhöht die Aufmerksamkeit natürlich genauso wie das Verhalten an der Linie: sein energischer Dauereinsatz am Spielfeldrand, sein wild anmutendes Gestikulieren, sein Sprint zum Assistenten beim jüngsten Heimspiel gegen den FC Schalke 04 (1:1), nachdem das Schiedsrichtergespann den Bayern ein Tor aberkannt hatte. Passenderweise wurde der Münchner Sportvorstand Matthias Sammer, der ebenfalls einen großen Anteil am Erfolg der Bayern hat, im FCB-Stadionmagazin zu dieser Partie folgendermaßen zitiert: „Er ist auf den Fußball bezogen wirklich ‚positiv verrückt‘ und ‚besessen‘.“

Besessen vom Ballbesitz

Besessen ist Pep Guardiola auch vom Ballbesitz. Seine Mannschaft muss die klare Hoheit in dieser Kategorie haben. Auf dieser Grundlage fußt seine Spielidee. Selbst bei der etwa 75-minütigen Unterzahl gegen Schalke, immerhin ein Achtelfinalist in der Champions League, hatten die Bayern am vergangenen Dienstag mehr Spielanteile. Nach einem Ballverlust gieren die Münchner schließlich in beinahe jeder Situation auf die umgehende Zurückeroberung des Spielgeräts. Wenn diese Spielphilosophie bei der großen Qualität der Profis des Deutschen Rekordmeisters überhaupt eine Schwachstelle hat, dann im Falle von konter- und spielstarken Mannschaften, die ihre Gegenstöße extrem schnell, zielstrebig und genau vollziehen, wie das 1:4 im ersten Auswärtsspiel 2015 beim VfL Wolfsburg zeigt. Dass der Gegner länger den Ball hat, sieht Guardiola-Fußball schließlich nicht vor.

Aber der bayerische Cheftrainer wird mit akribischer Videoanalyse und taktischen Tüfteleien wohl schon intensiv daran arbeiten, einen neuen Kniff zu finden, dieser minimalen Schwäche Herr zu werden. Schließlich nehmen gute Sportler auch aus Niederlagen sehr viel mit. Das haben einige der aktuellen FCB-Protagonisten schon nach dem verpatzten Finale in der Königsklasse 2012 bewiesen, als sie sich zusammenrauften und in der Folgezeit national wie international eine beeindruckende Erfolgsserie hinlegten. Auch deswegen ist der FC Bayern München ein großer Club, den Pep Guardiola noch etwas größer gemacht hat.

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