Hallo Herr Adrion, Ende November wurde das EnBW Nachwuchsleistungszentrum eröffnet, und alle Mannschaften sind in die neuen Räumlichkeiten eingezogen. Wie ist Ihre erste Einschätzung?
Rainer Adrion: „Wir haben mit unserem neuen Nachwuchsleistungszentrum vom Verein optimale Bedingungen zur Verfügung gestellt bekommen. Jede Mannschaft hat ihre eigenen Kabinenbereiche, es gibt einen optimal ausgestatteten Kraft- und Fitnessbereich, einen großzügigen Bereich für Ärzte und Physiotherapeuten, Ruhemöglichkeiten und einen Bürotrakt mit kurzen Informationswegen sowie Besprechungsräume. Jetzt liegt es an der sportlichen Leitung, der neben mir auch Michael Gentner (Anm. d. Red. sportlicher Leiter U16 bis U10), Oliver Otto (Leiter Bildung und Erziehung) und Markus Rüdt (Leiter Nachwuchsleistungszentrum) angehören, zusammen mit den Trainerteams die Ausbildung der Talente weiter zu optimieren. Auch in den kommenden Jahren sollen möglichst viele Spieler für die Lizenzmannschaft ausgebildet und abgegeben werden.“
Das erste Halbjahr ist beendet, wie fällt Ihr Fazit bei der U17 aus, die in der B-Junioren Bundesliga spielt?
Rainer Adrion: „Mit dem Schweizer Nationalspieler Thomas Kunz, dem englischen Auswahlspieler Daniele Collinge und dem deutschen Nationalspieler Georgios Spanoudakis (FC Barcelona) haben wir drei Spieler aus dem Ausland geholt. Zudem hatten wir eine gute Basis mit unseren eigenen Spielern. Die Aufgabe war, daraus ein Team zu formen. Kompliment an die jungen Trainer Domenico Tedesco und Andreas Hinkel, das hat gut geklappt. Auch wenn es eine Phase in der Saison gab, in der die Elf nicht so dominant gespielt hat und überraschende Niederlagen einstecken musste. Zum Ende der Hinrunde haben sie sich durch eine Siegesserie wieder herangekämpft und sind mittlerweile punktgleich mit den beiden Mannschaften an der Tabellenspitze. Zusätzlich zur individuellen Ausbildung, die natürlich im Vordergrund steht, muss es aber auch das Ziel sein, eine Siegermentalität zu entwickeln, um Spiele und dann auch Meisterschaften gewinnen zu können. Hier hat die U17 in dieser Saison noch alle Möglichkeiten.“
Den Nachwuchs im Blick: Rainer Adrion
Bei der U19 sieht es in der Tabelle nicht ganz so gut aus. Sieben Punkte beträgt der Rückstand auf Tabellenplatz zwei, der zur Teilnahme am Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft berechtigt. Wo liegen die Gründe?
Rainer Adrion: „Die U19 hat zahlreiche Spieler mit einer sehr guten individuellen Qualität, was sich auch an der Vielzahl von Nationalspielern dokumentiert. Mit Prince Osei Owusu, Max Besuschkow, Dijon Ramaj und Arianit Ferati spielen vier in der deutschen U18, Marius Funk und Mart Ristl laufen für die deutsche U19-Nationalmannschaft auf, Adrian Grbic für die österreichische und Mert Öztürk sowie Mete Celik für die türkische. Leider hatte die U19 zwei Schwächephasen, die sich mit jeweils drei Niederlagen in Serie widerspiegelten, sodass nun sieben Siege sieben Niederlagen gegenüberstehen. Dies zeigt die wechselhaften Leistungen, und ich hoffe, dass sich die Mannschaft in der Rückrunde stabilisieren kann. Wir haben viele große, spannende Talente im Kader und sind von der Arbeit des Trainerteams Ilija Aracic und Giuseppe Forzano überzeugt. Jetzt gilt es, dass sich die Spieler in der Rückrunde weiterentwickeln. Nicht vergessen darf man in diesem Zusammenhang, dass zwei Spieler, die eigentlich noch in der A-Junioren Bundesliga spielen könnten, bereits in der Bundesliga angekommen sind. Zum einen Timo Werner und zum anderen Timo Baumgartl.“
Timo Baumgartl ist ein gutes Stichwort für die Überleitung zur zweiten Mannschaft. Seine Entwicklung ist sicher exemplarisch?
Rainer Adrion: „Timo ist bestimmt ein außergewöhnliches Talent, aber für ihn war es wichtig, dass er 16 Spiele in der 3. Liga absolviert und sich die notwendige Wettkampfhärte geholt hat. Als er dann die Chance in der Bundesliga bekommen hat, hat er diese genutzt. Doch neben Timo haben sich auch noch andere Talente gut entwickelt, und wir denken, dass sich diese Entwicklung noch fortsetzt. Wir sind überzeugt, dass wir den Klassenverbleib schaffen und die 3. Liga als wichtige Entwicklungsstufe erhalten. Darüber hinaus haben wir noch weitere Spieler, die wir leistungsmäßig noch näher an den Kader der Bundesligamannschaft heranbringen wollen.“
Der Saisonverlauf des VfB II gleicht ein wenig einer Achterbahnfahrt. Haben Sie eine Erklärung hierfür?
Rainer Adrion: „Zu Saisonbeginn hatte die U23 in der 3. Liga einige Probleme, holte erst am vierten Spieltag die ersten drei Punkte. Die Mannschaft hat sich dann aber gefangen und den Abstand auf die Abstiegsränge immer weiter vergrößert. Doch zum Jahresende gab es nur zwei Punkte aus den vergangenen sechs Spielen, sodass der Vorsprung auf fünf Zähler geschmolzen ist. Spieler wie Stephen Sama und Borys Tashchy, die nach Saisonbeginn verpflichtet wurden, oder auch Tim Leibold und Robin Yalcin, die die Vorbereitung bei den Profis absolvierten, stießen erst später zur Mannschaft. Es war nicht einfach für Jürgen Kramny und Walter Thomae, eine stabile Elf zu finden.“
Am achten Spieltag kamen Raphael Holzhauser und Sercan Sararer dazu.
Rainer Adrion: „Sie haben sich schnell in die Mannschaft integriert, wobei sich Sercan durch gute Leistungen ja wieder in die erste Mannschaft zurückgespielt hat. Das gehört auch zu den Aufgaben der zweiten Mannschaft.“
Der VfB II hat sich nach dem Heimspiel gegen Rot-Weiß Erfurt in die Winterpause verabschiedet und beginnt am 5. Januar mit der Vorbereitung. Was hoffen Sie für die ausstehenden 17 Begegnungen?
Rainer Adrion: „Ich hoffe auf eine stabile Rückrunde, und dass wir den Abstand zu den Abstiegsrängen vergrößern können. Zumal die langzeitverletzten Daniel Vier, Erich Berko und Robin Yalcin wieder zurückkehren werden und vielleicht schon mit ins Trainingslager in die Türkei reisen.“
Für Stabilität hat der VfB kurz vor der Winterpause auch beim Traineramt der zweiten Mannschaft gesorgt, indem er sich mit Jürgen Kramny auf die Verlängerung des Vertrages geeinigt hat.
Rainer Adrion: „Kontinuität auf der Trainerposition ist wichtig, zumal wir von der Arbeit von Jürgen Kramny überzeugt sind. Er hat bewiesen, dass er sowohl die Ausbildung der jungen Spieler als auch den Klassenverbleib in der 3. Liga vereinen kann. Jüngstes Beispiel der konzeptionellen Zusammenarbeit unter den Trainern im Leistungsbereich ist der Weg des bereits angesprochenen Timo Baumgartl, der unsere Ausbildungsstufen komplett durchlaufen hat und jetzt fest im Profikader dabei ist.“