Hallo Herr Wahler, das Jahr 2014 neigt sich dem Ende entgegen. Wie lautet das Jahresfazit aus Sicht des VfB Präsidenten?
Bernd Wahler: „Das Jahr 2014 stand für den VfB fast durchgehend unter dem Eindruck des Abstiegskampfs. Dieser Eindruck überlagert alles andere. Und deshalb muss man leider konstatieren, dass das Jahr 2014 aus VfB Sicht kein gutes Jahr war.“
Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe für den ausgebliebenen sportlichen Erfolg in den vergangenen zwölf Monaten?
Bernd Wahler: „Wir sind vor knapp einem Jahr mit durchaus anspruchsvollen Leistungen aber mit nahezu durchgehend schlechten Resultaten in die Rückrunde gestartet. Der Tabellenkeller rückte immer näher, die Tendenz ging zwischenzeitlich klar in Richtung Abstieg. Huub Stevens gelang es mit einer enormen Kraftanstrengung, den worst case zu verhindern. Doch der erneut schlechte Start in die neue Saison hat zeigt, dass grundsätzliche Dinge nicht in Ordnung waren.“
Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang den Rücktritt von Armin Veh?
Bernd Wahler: „Wir haben Armin Veh verpflichtet, weil wir von dieser Lösung absolut überzeugt waren. Seine Fußballphilosophie, seine Erfahrung und nicht zuletzt auch seine bestehende Verbindung zum VfB gaben den Ausschlag dafür, ihn zurück nach Stuttgart zu holen. Letztlich haben sich die Dinge in den ersten Spielen der Saison nicht so entwickelt, wie wir alle uns das vorgestellt haben. Armin Veh hat für sich die Konsequenzen aus dem Fehlstart gezogen. Ich gebe gerne zu, dass mich sein Rücktritt überrascht hat. Dennoch sind wir im Guten auseinandergegangen und haben – und das ist letztlich entscheidend – mit Huub Stevens einen hervorragenden Nachfolger gefunden.“
Warum ist Huub Stevens nach dem erfolgreichen Kampf um den Klassenverbleib in der Vorsaison erneut der richtige Mann auf der Trainerbank des VfB?
Bernd Wahler: „Huub Stevens ist ein Trainer mit klaren Vorstellungen und klaren Prinzipien. Es gelingt ihm innerhalb kürzester Zeit, einer Mannschaft einen Plan an die Hand zu geben und sie auf ein Ziel auszurichten. Er verfügt über sehr viel Erfahrung und gibt den Spielern im Abstiegskampf die nötige Orientierung.“
Seit Juli 2013 VfB Präsident: Bernd Wahler
Huub Stevens hat nach dem 0:0 gegen den SC Paderborn im letzten Vorrundenspiel bemängelt, dass einige Spieler die nötige Aggressivität vermissen lassen haben.
Bernd Wahler: „Der Trainer hat absolut recht, wenn er von jedem Spieler in jeder Partie hundertprozentigen Einsatzwillen, Leidenschaft und Aggressivität einfordert. Das sind die Grundvoraussetzungen, die im Profisport in jedem Training und in jedem Spiel vorhanden sein müssen. Huub Stevens hat deshalb unsere totale Rückendeckung, wenn er die Spieler daran erinnert.“
55.000 Zuschauer haben die Mercedes-Benz Arena nach dem Paderborn-Spiel enttäuscht verlassen. Haben Sie Verständnis für den Unmut der VfB Anhänger?
Bernd Wahler: „Absolut und ohne jede Einschränkung. Unsere Anhänger waren ja nicht nur enttäuscht über den Verlauf und den Ausgang des Paderborn-Spiels. Insbesondere in den Heimspielen haben wir den Zuschauern über Monate hinweg zu viele schlechte Leistungen zugemutet.“
Huub Stevens hat bei seinem Amtsantritt prognostiziert, dass der Klassenverbleib in dieser Spielzeit noch schwerer zu realisieren sein wird als in der Vorsaison. Teilen Sie diese Einschätzung?
Bernd Wahler: „Ja. Die aktuelle Situation ist auch deshalb so bedrohlich, weil die Abstände in der Tabelle gering sind und Mannschaften mit uns am Ende der Tabelle stehen, die eine hohe Qualität im Kader haben.“
Nicht nur die Mannschaft, auch Sie persönlich wurden in den vergangenen Wochen und Monaten kritisiert, mitunter wurde Ihnen Tatenlosigkeit vorgeworfen.
Bernd Wahler: „Diesen Vorwurf kann ich nicht nachvollziehen. Tatsache ist, dass ich als Präsident verantwortlich dafür bin, was im Zeichen des Brustrings geschieht. Dieser Verantwortung stelle ich mich ganz bewusst und voller Überzeugung. Man muss aber in der Bewertung meiner bisherigen Amtszeit zwei Aspekte berücksichtigen: Durch die sportliche Situation werden viele andere Dinge, die wir bislang auf einen positiven Weg gebracht haben, negativ bewertet. Und natürlich mussten wir in einer sportlichen Ausnahmesituation auch Dinge zurückstellen, die wir gerne beschleunigt hätten.“
Gilt das auch für das Thema Ausgliederung?
Bernd Wahler: „Wir haben immer betont, dass wir zum Wohle des Vereins alle Möglichkeiten prüfen und erörtern wollen, die unsere sportliche und wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit verbessern. Die Ausgliederung des Lizenzspielbetriebs ist langfristig nach unseren bisherigen Erkenntnissen sinnvoll, muss aber seriös und mit dem entsprechenden zeitlichen Aufwand geprüft und vorbereitet werden. Am Ende obliegt die Entscheidung über eine mögliche Ausgliederung einzig und allein unseren knapp 45.000 Vereinsmitgliedern. Und deshalb werden die Mitglieder dann vollumfänglich informiert, wenn das Thema Ausgliederung abschließend bewertet werden kann.“
Die Suche nach einem Gesamtverantwortlichen für den Sportbereich steht aller Voraussicht nach auch in der spielfreien Zeit auf der Agenda des Präsidenten?
Bernd Wahler: „Mit Sicherheit. Die Besetzung dieser Position ist wegweisend für die Zukunft. Deshalb habe ich auch von Anfang an betont, dass wir uns die nötige Zeit nehmen. Wir brauchen die beste Lösung für den VfB, um alle weiteren strukturellen und inhaltlichen Änderungen mit der Ausrichtung im Sportbereich in Einklang zu bringen und somit eine nachhaltig positive Entwicklung aus sportlicher und wirtschaftlicher Sicht für unseren VfB zu ermöglichen.“