Tag sechs begann an Kapstadts Waterfront. Am Morgen nach dem 4:1-Erfolg gegen PEC Zwolle bat Thomas Schneider seine Mannschaft gegen 7 Uhr zu einer Laufeinheit mit Blick auf das Meer. Diesen hatten die Spieler auch noch während der anschließenden Stabi-Einheit beim Fitness- und Reha-Trainer Dr. Christos Papadopoulos.
Nach dem Frühstück fuhr der VfB Tross zum Trainingsgelände, um von 10.30 Uhr an bei der einzigen Einheit auf dem Platz an diesem Sonntag Gas zu geben. Nicht mit dabei waren Martin Harnik mit Magen-Darm Problemen und weiterhin Carlos Gruezo aufgrund seiner Mandelentzündung. Timo Werner, Timo Baumgartl sowie Marvin Wanitzek arbeiteten individuell mit dem Therapeuten Gerhard Wörn.
Im Anschluss an das Mittagessen stand dann der erste fußballferne Programmpunkt des Trainingslagers an. Das Ziel hieß Robben Island, die Insel, etwa 25 Minuten Fährfahrt entfernt, auf der Nelson Mandela inhaftiert war. Beeindruckend und bedrückend, das trifft die Wirkung wohl am besten. Jedenfalls stimmte der Ausflug nachdenklich.
'Unglaublich interessant': Christian Gentner
Ehemaliger Häftling führt durch das Gefängnis
Christian Gentner und Co. sahen Gruben, in denen die Häftlinge gearbeitet hatten, passierten einen Friedhof für Leprakranke und eine Kirche, auf deren Turm früher eine blaue oder rosafarbene Flagge die Geburt eines Buben oder eines Mädchens verkündet hatte – und sie besichtigten natürlich das Gefängnis der Insel. Die Führung übernahm der Ex-Insasse Dumi Sami. "Es war unglaublich interessant und auch dadurch sehr beeindruckend, dass ein ehemaliger Häftling unsere Tour geleitet hat", sagte der VfB Kapitän. "Wenn man die Gefängniszellen so sieht und die Geschichten dazu erzählt bekommt, dann stimmt das einen sehr nachdenklich. Es ist einfach unvorstellbar, unter welchen Umständen die Häftlinge gelebt haben."
Unvorstellbar sei eigentlich auch, mit welch "großem Herz" manche Insassen die Vollzugsanstalt wieder verlassen haben, fand Cacau – und meinte damit nicht nur den bekanntesten, Nelson Mandela. Sondern auch Dumi Sami, der über seine Inhaftierung sprach und zeigte, wo die Häftlinge früher Fußball, Rugby oder Tennis gespielt haben. Als er vom Betontennisplatz aus auf die danebenliegende Wiese zeigte, sagte er: "Das hier war unser Ellis-Park-Stadion, samstags waren fast alle Gefangenen hier und haben entweder gekickt oder den Fußballern zugeschaut."
Vor Nelson Mandelas Zelle wird es still
Prompt wollte Antonio Rüdiger wissen, ob Nelson Mandela dort auch gegen den Ball getreten hat, aber der ehemalige Präsident Südafrikas sei eher ein Boxer gewesen, antwortete Dumi Sami, zumal "Tata Madiba", wie er in Südafrika häufig genannt wurde, gar nicht auf die Wiese durfte, sondern in seiner Sektion verweilen musste. Die Einzelzelle des berühmtesten Südafrikaners besichtigten die VfB Akteure genauso wie eine Massenzelle für 30 bis 50 Personen. Still wurde es dabei, alle lauschten andächtig den Ausführungen des ehemaligen Häftlings. "Mich haben diese Eindrücke richtig nachdenklich gemacht. Es ist traurig sowie brutal, was dort alles passiert ist und auch einfach unglaublich, dass jemand, der dort so lange Insasse war, herausgeht und vergibt", sagte Thomas Schneider und ergänzte: "Es war eine wichtige Erfahrung, dieses Stück Zeitgeschichte mit der gesamten Mannschaft erlebt zu haben."
Die Führung eines Ex-Häftlings verstärkte diese Erfahrung natürlich, auch weil Dumi Sami viele kleine Geschichten einbaute – wie die der Tennisballpost von Nelson Mandelas Gefangenentrakt zum danebenliegenden. Der Ball konnte geöffnet und darin ein Zettel oder Brief versteckt werden und flog dann über die Mauern hin und her. Oder die Geschichte vom Gemüsebeet Nelson Mandelas, in dem er auch seine Manuskripte für seine Autobiographie "Der lange Weg zur Freiheit" versteckt hatte.
"Das war eine sehr beeindruckende und authentische Führung, die natürlich auch sehr nachdenklich macht. Man hat das unseren Jungs ebenso angesehen, sie sind mit zunehmender Zeit immer ruhiger geworden. Als wir dann in der Zelle von Nelson Mandela waren, waren alle verstummt", sagte Fredi Bobic auf dem Heimweg. "Diesen Effekt wollten wir damit erzielen. Wir haben gespürt, dass sich die Jungs Gedanken darüber gemacht haben" – und sie haben im weiteren Verlauf des Abends auch noch das eine oder andere Gespräch über das Erlebte geführt.
Das Stenogramm der Trainingseinheiten
Laufeinheit und Stabilisationstraining
Einzige Einheit auf dem Platz
-Koordinatives Aufwärmen
-5-gegen-2
-Spielformen auf verkürztem Feld
-Torabschlüsse