Hallo Martin, erzähl doch mal ein bisschen, wie Du Deine eigene Situation einschätzt?
Martin Harnik: "Es ist gerade sportlich nicht die beste Phase, die ich bislang beim VfB hatte. Aber das gehört einfach dazu und es ist auch nicht das erste Mal, dass ich öfter von der Bank komme. Es wird sicher auch nicht das letzte Mal sein. In erster Linie liegt das an meiner eigenen Leistung und wenn ich wieder zu meiner Form finde, bin ich überzeugt, dass ich auch wieder eine bessere Rolle spiele als derzeit."
Es gibt kein Rezept, eine schlechte Phase abzustellen, aber welche Gründe machst Du dennoch dafür aus, dass es derzeit nicht ganz so gut läuft?
Martin Harnik: "Ich bin ein Typ, der sich viele Gedanken macht und suche auch schon länger nach der Lösung. Ich habe mich nun ein bisschen damit arrangiert, dass ich diese Phase akzeptieren muss. Natürlich nicht, indem ich mich dieser Sache ergebe, sondern indem ich einsehe, dass ich ein Mensch bin und zu mir eben auch so eine Phase gehört. Ich würde mir natürlich wünschen, nur Hochs zu haben, aber es gehören eben auch Tiefs dazu. Ich denke, dass die Tiefs dann auch wieder die Hochs ausmachen."
Dynamisch und kopfballstark: Martin Harnik
Wie motivierst Du Dich in diesen Tiefs für die tägliche Trainingsarbeit? Das fällt ja sicherlich schwerer als in Zeiten, in denen alles gelingt.
Martin Harnik: "Gott sei Dank ist es noch so, dass ich jeden Morgen mit Lust aufs Training aufwache. Ich habe immer Bock zu den Einheiten zu kommen und zu kicken. Es gibt zwar auch im Training die Tage, an denen gar nichts zusammenläuft und ich am liebsten wieder direkt in die Kabine und heim gehen würde, aber an manchen Tagen gelingt im Training dann auch wieder alles. Aktuell muss ich in den Spielen zurück zu meiner Leistung finden und wenn ich da Erfolgserlebnisse sammele, dann lassen sich schlechtere Trainingseinheiten auch leichter verarbeiten."
Das Stichwort Erfolgserlebnisse passt zum vergangenen Sonntag in Braunschweig, wo Du zum 4:0-Endstand getroffen hast. War danach schon ein kleiner Aufschwung in dieser Woche bemerkbar?
Martin Harnik: "Das war aber nur ein kleiner Baustein. Das Tor war jetzt auch nicht so…" (lacht)
…ja gut, aber wenn es ganz, ganz schlecht läuft, dann haut man sogar mal den daneben…
Martin Harnik: "…stimmt. Ich nehme den Treffer natürlich gerne mit und er war auch ein Erfolgserlebnis. Ich hoffe, dass ich in dieser Woche noch ein bisschen davon zehren kann."
Wie selbstkritisch bist Du eigentlich in Situationen wie der jetzigen. Sind Profis dann auch so ehrlich sich einzugestehen, dass sie beispielsweise nicht in die Startformation gehören. Oder ist man da eher betriebsblind und denkt sich: das könnte ich auch?
Martin Harnik: "Im Moment gehe ich an die Situation so heran, dass ich lieber ein, zwei Spiele auf der Bank sitze und die Mannschaft Erfolg hat, bevor ich in der Startelf stehe und eine schlechte Leistung abliefere, mit der ich auch nicht zufrieden bin. Dann gehe ich nämlich unzufrieden nach Hause. Wenn die Mannschaft ohne mich Erfolg hat, habe ich – haben alle – mehr davon. Wenn ich mich gut fühle und als stark sehe, möchte ich natürlich unbedingt spielen, aber wenn es mal nicht so gut läuft, dann ist es für mich oft auch leichter, auf der Bank zu sitzen. Deswegen ist das schon in Ordnung."
Ihr seid Profis und eher eine Zweckgemeinschaft, aber stärken einem die Mannschaftskollegen in schwierigeren Phasen dennoch den Rücken? Schließlich hat gerade der VfB einen guten Mannschaftsgeist.
Martin Harnik: "Die Jungs in der Mannschaft wissen ja, wie es mir mit der Sache geht. Sie wissen auch ganz genau, dass ich nicht zufrieden bin. Aber sie müssen sich jetzt nicht für mich den Kopf zerbrechen, das tue ich selbst schon gut genug. Das Wichtigste ist, dass ich ganz genau weiß, dass sie da sind und mir helfen, wenn ich etwas brauche oder um Rat frage. Ich habe auch in Braunschweig gemerkt, dass sich einige besonders für mich gefreut haben, weil ich mal wieder die Bude getroffen habe."
Und wie läuft die Kommunikation mit dem Trainer ab?
Martin Harnik: "Bisher läuft es ziemlich gut mit dem neuen Trainer. Persönlich haben wir noch nicht so viel gesprochen, was aber auch nicht schlimm ist. Ich muss erst einmal meine eigene Leistung zeigen. Wenn ich dann eine Entscheidung von ihm nicht verstehen sollte, würde ich mit ihm darüber sprechen. Aber ich habe ja auch in den vergangenen Wochen schon von Anfang an gespielt und es ist keineswegs so, dass ich auf dem Abstellgleis bin. Dennoch will ich natürlich – so schnell es geht – wieder in die Startformation."