Fußball hilft bei der Sprachförderung
Mit dem Projekt "Fußball trifft Kultur" soll Kindern das Erlernen der Sprache leichter fallen. Der VfB ist sportlicher Partner und Fredi Bobic sprach nun auf einer PK darüber.
Das hat gleich doppelt gepasst. Fredi Bobic eignete sich als Repräsentant des VfB bei der Pressekonferenz des Projekts "Fußball trifft Kultur" in dieser Woche nicht nur in seiner Funktion als Vorstand Sport, sondern auch, weil er selbst ein "Kind mit Migrationshintergrund" ist, wie er sagte. "Es ist eine große Ehre für den VfB Partner für dieses tolle Projekt zu sein", fügte er an.
Der VfB und die Stuttgarter Kickers – auf der PK durch das Präsidiumsmitglied Guido Buchwald vertreten – unterstützen "Fußball trifft Kultur" als sportliche Partner, Trainer der beiden Klubs führen die jeweiligen Übungseinheiten und Schulstunden mit den Kindern durch. Denn mit "Bewegung lässt es sich leichter lernen", wie es in einer Pressemitteilung des Fördervereins Kinderfreundliches Stuttgart heißt, der die Projektleitung in der baden-württembergischen Landeshauptstadt innehat. Im Rahmen von "Fußball trifft Kultur" nehmen Schüler zweimal in der Woche an einem gemeinsamen Fußballtraining mit anschließendem Sprachunterricht teil. Am kommenden Wochenende reisen nun etwa 250 Kinder im Alter von acht bis 13 Jahren nach Stuttgart, um am Samstag beim Bundestreffen des Projekts von 10 Uhr an im ADM-Park in Degerloch Fußball zu spielen.
Vertraten ihre Klubs: Fredi Bobic und Guido Buchwald
Etwa 1.000 Euro pro Kind pro Schuljahr
Die Frankfurt Book Fair Literacy Campaign (LitCam) initiierte "Fußball trifft Kultur" im Jahr 2007, das Projekt wird mittlerweile in Stuttgart, Frankfurt, Berlin, Gelsenkirchen, Hamburg und Nürnberg durchgeführt. Im Kern geht es darum, den Kindern das Erlernen der Sprache durch die Einbindung des Fußballsports zu erleichtern. Der Startschuss in Stuttgart fiel 2010 an der Cannstatter Martin-Luther-Schule, in der die Pressekonferenz abgehalten wurde. Ein Jahr später folgte die Lerchenrainschule in Stuttgart-Süd. Als Partner für den Kulturbereich steht der Thienemann Verlag zur Verfügung und das Staatliche Schulamt fördert "Fußball trifft Kultur" mit zusätzlichen Lehrerstunden.
1.000 Euro pro Kind pro Schuljahr kostet das Projekt in etwa, Geldgeber sind daher notwendig. In Stuttgart engagiert sich seit dem Projektstart das VfB Aufsichtsratsmitglied Dr. Eduardo Garcia mit der GAZi-Kinderstiftung. Er sagte nun auch die Finanzierung für die beiden kommenden Jahre zu und wird an beiden Schulen gleichermaßen finanziell unter die Arme greifen. "Es wird uns nicht gelingen, die Kinder gleich zu machen, aber wir sollten allen ermöglichen, die gleichen Chancen zu haben und dabei spielt die Sprache eine ganz wichtige Rolle", sagte er. Der Vorstand der Garmo AG hat sich in den vergangenen Jahren häufiger einen Eindruck an den Schulen vor Ort gemacht und ist "überzeugt", dass das Projekt die "Zukunftschancen und Perspektiven" der Kinder verbessert: "Die Basis zur Integration in eine Gesellschaft, sowohl von Migrantenkindern als auch von Kindern aus sozial schwachen Schichten, ist primär die Sprache. In Verbindung mit dem Sport lernen sie zudem, Regeln und Vorgaben zu akzeptieren."
Trainer und Lehrer sind die "Leuchttürme"
Prof. Dr. Rolf Schwarz vom Institut für Bewegungserziehung und Sport an der PH Karlsruhe bestätigte derweil die große Bedeutung der beiden Komponenten Sport und Sprache, die im Nationalen Aktionsplan Integration der Bundesregierung verankert sind, für eine erfolgreiche Integration und betonte die Wichtigkeit der Trainer sowie Lehrer. Diese seien die "Leuchttürme" für die Kinder, sagte er und nannte als positives Beispiel die VfB Fußballschule, die auch beim Projekt kicken&lesen mitwirkt. Daher sei die Qualifikation der Ausbilder ebenso wichtig für die Sprach- und Werteförderung wie die Tatsache, früh anzusetzen. Bei allem müsse allerdings bedacht werden, dass Integration seine Zeit braucht, Geduld daher angesagt ist.
Folglich war es dem Rektor der Martin-Luther-Schule, Martin Schmidt, auch wichtig, das Projekt bei der Einführung mindestens auf eine Laufzeit von zwei Jahren festzulegen. Nach zwei Durchläufen hätten sich die Erwartungen "voll erfüllt", die Kinder seien nach dem Sport aufmerksamer und lebendiger. "Sie haben eine verbesserte Motivation und sind deutlich selbstsicherer", sagte der Schulleiter und sprach von einer "Ich-Stärkung" der Schüler. Das bestätigte seine Amtskollegin Dorothea Grübel von der Lerchenrainschule, die über die "schöne Atmosphäre" beim Projekt sprach und hervorhob, dass bei den Kindern zudem ein "Wir-Gefühl" entstanden ist. Manche Auswirkungen von "Fußball trifft Kultur" wären im normalen Schulalltag kaum oder gar nicht herbeizuführen, sagte sie weiter.
Schule – Bolzplatz – Hausaufgaben
Dementsprechend freut sich auch Dr. Susanne Eisenmann, die Stuttgarter Bürgermeisterin für Bildung, Kultur und Sport, über das Projekt und sagte in Bezug auf den VfB sowie die Kickers. "Dass wir solche Partner haben, zeigt, dass sich die Klubs nicht nur zum Fußball sondern auch zu ihrer gesellschaftlichen Aufgabe bekennen. Das ist keine Selbstverständlichkeit."
Das sollte es aber sein, meinte Fredi Bobic, der betonte, dass sich der VfB seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewusst ist. Wenig später besuchten er und die anderen PK-Teilnehmer eine Fußball-Einheit in der Turnhalle der Martin-Luther-Schule, die beiden Klub-Vertreter unterhielten sich mit den Kids und der Vorstand Sport vom VfB erinnerte sich dabei an seine eigene Schulzeit: "Nach der Schule ging's auf den Bolzplatz und anschließend wurden die Hausaufgaben gemacht." Erst Sport, dann Lernen, Fredi Bobic lebte damit schon früher den Grundsatz von "Fußball trifft Kultur".
Projektziele "Fußball trifft Kultur"
Die gegenwärtige Bildungs- und Ausbildungssituation zeigt, dass viele Kinder trotz Schulpflicht kein ausreichendes Bildungsniveau erreichen und der Schritt von der Grundschule in weiterführende Schulen große Schwierigkeiten mit sich bringt. Hier setzt das Programm an, das von der Erkenntnis ausgeht, dass Bewegung und Sport die kognitive Aufnahmefähigkeit verbessern. Durch gezieltes Fußballtraining mit anschließendem Sprachunterricht sollen die schulischen Leistungen der Schüler so gestützt und gefördert werden, dass sie die bestmögliche Ausgangssituation für den Übergang in die weiterführenden Schulen bekommen. Daneben gilt es auch, soziale und kommunikative Kompetenzen zu vermitteln, Interesse an Bildung und Kultur zu wecken und zur Förderung der Lesemotivation und Lesekompetenz beizutragen.
Stuttgart ist eine der deutschen Städte mit dem höchsten Anteil an Kindern und Jugendlichen, deren Muttersprache nicht deutsch ist. Deshalb ist eine gezielte Sprachförderung für die faire Bildungschance jedes einzelnen Kindes von besonderer Bedeutung. Dabei sieht der Förderverein Kinderfreundliches Stuttgart das Projekt als wirksame und nachhaltige Unterstützungsmaßnahme. "Die große Chance liegt für mich in der ganz individuellen und persönlichen Begleitung und Betreuung der Kinder. Dazu kommt die gezielte Sprachförderung, viel Bewegung und das Gefühl, wertgeschätzt zu werden –alles zusammen erscheint mir das als die beste Voraussetzung für nachhaltigen Lernerfolg", sagt Roswitha Wenzl, Geschäftsführerin des Fördervereins.
Hier geht's zu einem Vorstellungsfilm des Projekts