Hallo Herr Köppel, 44 Mal haben Sie im VfB Trikot in der Bundesliga getroffen, 39 Mal für Mönchengladbach – und das obwohl Sie mit der Borussia 184 Spiele und mit dem VfB "nur" 124 im deutschen Fußball-Oberhaus bestritten haben. Woran könnte das gelegen haben?
Horst Köppel: "Da ist die Quote beim VfB ja viel besser. Beim VfB habe ich zu Beginn meiner Karriere im Sturm gespielt und bei Mönchengladbach waren andere eher als Torjäger gefragt und es haben dort auch ein paar Spieler weiter vorne agiert. Vielleicht lag es daran."
Wo liegen die Vorzüge der beiden Klubs?
Horst Köppel: "Ich denke, dass Gladbach nach wie vor noch mehr von der Tradition lebt, vor allem von der Fohlen-Elf der 70er Jahre. Das lebt derzeit auch wieder ein wenig auf. Der Klub ist in der Stadt und der Region unheimlich hoch bewertet. Vor dem Spiel gegen Fürth hat die 'Rheinische Post' beispielweise eine 17-seitige Fußball-Sonderbeilage gemacht. Der Stellenwert der Borussia in der Stadt Gladbach ist höher als der des VfB in Stuttgart. Das liegt natürlich auch daran, dass Stuttgart die größere Stadt ist und es dort viel anderes gibt."
Wo sehen Sie die größten Unterschiede?
Horst Köppel: "Wenn der VfB in den ersten 25 Minuten schlecht spielt, dann wird häufig gepfiffen, in Mönchengladbach dauert es in der Regel um einiges länger, bis es soweit ist. Die Zuschauer bei Borussia stehen noch mehr hinter dem Klub und der Mannschaft als das in Stuttgart der Fall ist. Das ist zumindest mein Eindruck als außenstehender Beobachter."
Dem VfB weiterhin verbunden: Horst Köppel
Und welche Bedeutung haben die Klubs für Sie persönlich?
Horst Köppel: "Beide Klubs sind meine Vereine und dann kommt irgendwann Dortmund, weil ich dort als Trainer die größten Erfolge hatte. Ich bin schon als kleines Kind mit Fähnchen in die Cannstatter Kurve gegangen und habe den Klub angefeuert. Erfolgreicher bin ich zwar mit Gladbach gewesen, aber ich würde dennoch an erster Stelle den VfB nennen, weil er mein Heimatklub ist und dort meine Wurzeln sind."
Nun treffen der VfB und Gladbach am Sonntag (15.30 Uhr) das 86. Mal aufeinander. Wer ist Ihr Favorit?
Horst Köppel: "Das Spiel ist völlig offen. Der VfB hat vor allem zu Hause noch einiges gutzumachen, dessen sind sich die Protagonisten allerdings auch bewusst. Das ist schließlich auch wichtig im Hinblick auf die kommende Saison, auf die Zuschauerzahlen und die Dauerkartenverkäufe. Sie sollten daher schon noch drei bis vier Plätze gut machen und dafür wäre ein Heimsieg natürlich wichtig. Die Borussia schnuppert derweil wieder an den internationalen Plätzen und theoretisch ist ja sogar noch der Champions-League-Qualifikationsplatz drin. Sie dürfen sich deswegen aber auch nicht mehr viel erlauben und sie werden alles versuchen, um zu gewinnen. Denn ein Unentschieden wäre zu wenig."
Das klingt nach hohen Erwartungen für die Partie.
Horst Köppel: "Ich kann mir einerseits vorstellen, dass es ein gutes Spiel werden kann, weil beide müssen. Aber ich befürchte andererseits, dass es nicht so spektakulär wird, weil ich denke, dass beide Teams kein zu großes Risiko eingehen werden. Als Trainer würde ich aber sagen, dass meine Mannschaft von Beginn an Gas geben und die Führung erzwingen soll. Ich hoffe jedenfalls, dass wir ein schönes Spiel sehen werden, wegen mir kann es 3:3 ausgehen. Schließlich haben beide Teams ja schon das eine oder andere rassige Duell geliefert."
Inwiefern spielen die vielen Partien, die beide Teams in dieser Saison schon absolviert haben, eine Rolle?
Horst Köppel: "Das würde ich nicht zu hoch bewerten. Inzwischen haben beide Mannschaften ja auch schon mal ein paar Spieler schonen und andere einsetzen können. Ich als Trainer habe viele Spiele jedenfalls nie als Faktor gelten lassen und das zählt auch jetzt als neutraler Beobachter nicht. Das muss schon zu verkraften sein. Bei Udo Lattek und Hennes Weisweiler hätten wir uns ein Murren zumindest nicht erlauben dürfen. Da hätten wir im Training einfach ein bisschen weniger gemacht."
Denken Sie, dass es ein Vorteil für Mönchengladbach ist, dass im VfB Umfeld schon viel über das DFB-Pokal-Halbfinale gesprochen wird, oder ist das vielleicht sogar ein Nachteil, weil die Mannschaft von Bruno Labbadia erst recht zeigen will, dass der kurzfristige Fokus lediglich auf dem anstehenden Spiel liegt?
Horst Köppel: "Weder noch. Das sind einfach zwei Paar Schuhe. Der VfB sagt: wir haben jetzt ein Bundesliga-Spiel und das wollen und sollen wir gewinnen, alles andere zählt nicht. Auch Lucien Favre vertritt die Ansicht, dass das nächste Spiel das wichtigste ist. Die Spekulationen um mögliche Spiele und Einflüsse aufgrund der Zukunft lässt er nicht gelten, das wird auch bei Bruno Labbadia der Fall sein. Ich denke, dass er die Wörter Freiburg oder Pokal nicht mal in den Mund nehmen wird."
Vielleicht machen Sie das aber gleich. Zum Abschluss sollen Sie sich nämlich bitte vorstellen, dass sie einen Wunsch frei hätten – und zwar in Bezug auf den weiteren Saisonverlauf Ihrer beiden ehemaligen Mannschaften als aktiver Spieler. Wie würde dieser lauten?
Horst Köppel: "Wenn es nur ein Wunsch ist, dann wünsche ich mir den DFB-Pokalsieg für den VfB und die Champions-League-Qualifikation für Mönchengladbach. Aber da müssten wohl zwei Weihnachtsmänner anwesend sein." (lacht)