Hallo Andreas, Du hast in diesem Jahr Deine aktive Fußballer-Laufbahn beendet. Erzähl uns bitte mal, was Du derzeit so machst?
Andreas Hinkel: "Ich habe vor kurzem die B-Lizenz gemacht, im Oktober war die Prüfung. Marc Ziegler ist auch dabei gewesen, er war sogar mit mir auf einem Zimmer. Jetzt muss ich noch ein paar Einheiten nachholen und dann möchte ich mit einer Mannschaft arbeiten. Das soll dann aber erst ab der neuen Runde der Fall sein. Ich will in viele Tätigkeiten rund um den Fußball mal hineinschnuppern. Da ist das Trainergeschäft ein guter Einstieg, denn man ist nicht gleich weg vom Fußballplatz."
Hast Du denn bei den Lehrgängen mit Marc auch über den VfB gesprochen?
Andreas Hinkel: "Natürlich. Man redet in der Zeit aber auch über andere Dinge, ich verstehe mich mit ihm gut."
Dann habt Ihr bestimmt auch über Dein Karriereende gesprochen. Was hat Dich letztlich bewogen aufzuhören. In Deinem Alter hättest Du ja durchaus noch weiterspielen können?
Andreas Hinkel: "Das war keine einfache Entscheidung, die ich von jetzt auf nachher getroffen habe. Ich habe mir viele Gedanken gemacht und viele Gespräche geführt. Ich hätte zwar weiterspielen können, aber in meinem Alter hätte ich fast nur noch kurzfristige Verträge bekommen. Die wären zwar im Ausland etwas langfristiger ausgefallen, aber ich wollte auch mal an die Familie denken. Schließlich habe ich zwei kleine Kinder. Hinzu kommt, dass ich mit mir und meiner Karriere im Reinen bin. Ich habe sieben Titel gewonnen, in der Nationalmannschaft gespielt, war mit drei Klubs in der Champions League dabei. Auch deswegen fällt es leicht, aufzuhören. Und nur des Weitermachens wegen wollte ich meinen Körper nicht mehr schinden. Das heißt nicht, dass ich mich nicht schinden kann, aber ich muss auch an die Gesundheit denken. Wie Du siehst, waren es mehrere Faktoren, die mich zu der Entscheidung geführt haben."
Gewann mit Sevilla den UEFA-Pokal: Andreas Hinkel
Du hast es selbst schon angesprochen, Deine Karriere war sicherlich bewegend. Kannst Du rückblickend die eine schönste Erinnerung ausmachen?
Andreas Hinkel: "Ich habe in jedem meiner Vereine viele schöne Sachen erlebt, das ist nicht nur so ein Gerede. Klar, der VfB ist mein Verein, dort bin ich vom Fan zum Spieler geworden. Es war etwas ganz Besonderes, mit dem VfB Trikot aufzulaufen. Dort hat es generell Spaß gemacht, mit den Jungen Wilden schönen Offensivfußball zu spielen. Aber auch im Ausland war es überragend. Sevilla war beispielsweise von der Qualität her die beste Mannschaft, in der ich gespielt habe. Wir haben dort nationale und internationale Erfolge gefeiert. Bei Celtic Glasgow konnte ich in einem überragenden Stadion spielen und die Meisterschaft gewinnen. Ich hatte das Glück, schon mit 18 Jahren Stammkraft zu werden und zwölf Jahre auf hohem Niveau spielen zu können, daher ist es schwierig eine Erinnerung besonders hervorzuheben."
Dein Karriereende in Freiburg ist zwar noch nicht allzu lange her, aber vermisst Du eigentlich schon etwas?
Andreas Hinkel: "Man hört ja oft von Spielern, dass es nach einem halben Jahr kribbelt. Bei mir ist das aber noch nicht der Fall. Kicken macht natürlich weiterhin Spaß, aber es war nicht die falsche Entscheidung. Mir fällt die Decke nicht auf den Kopf. Ich genieße es, mehr Zeit für die Familie zu haben, auch weil ich weiß, dass das wieder weniger wird, wenn die Arbeit als Trainer beginnt. Ich sehe die aktuelle Phase auch als Vorbereitung auf den nächsten Abschnitt."
Deine letzte Station war der SC Freiburg, bei dem der VfB am Sonntag von 15.30 Uhr an spielt. Welchen der beiden Klubs verfolgst Du aktuell mehr?
Andreas Hinkel: "Ehrlich gesagt verfolge ich alle meine Ex-Vereine. Ich muss ja nicht so viel nachschauen, es sind ja nur vier Klubs. Wobei die Bundesliga schon eine größere Rolle spielt. Den VfB habe ich nicht aus den Augen gelassen, seitdem ich dort 2006 weggegangen bin. Dort war ich länger als in Freiburg, aber beim SC kenne ich noch fast die komplette Mannschaft, hier wohne ich auch. Meine Kinder gehen mit den Kindern einiger Spieler in den Kindergarten, das verbindet."
Hast Du Erinnerungen an ein besonderes Spiel zwischen dem VfB und dem SCF?
Andreas Hinkel: "In der Saison 03/04 hatte ich eine kleine persönliche Sternstunde im Heimspiel gegen Freiburg. Da haben wir mit drei Toren in kürzester Zeit aus einem 1:1 ein 4:1 gemacht und ich habe ein schönes Tor vorbereitet. Nach einem Doppelpass mit Christian Tiffert habe ich für Kevin Kuranyi aufgelegt und er hat den Ball per Direktabnahme in den Winkel gehauen. Das habe ich immer noch vor Augen."
Hielt sich 2011 beim VfB fit, dann folgte Freiburg.
"Beide Teams spielen auf Sieg"
Ihr habt die damalige Saison auf Platz vier beendet, mit nur einem Punkt Rückstand auf den Champions-League-Qualifikationsplatz. Seither sind ein paar Jahre vergangen. Wie würdest Du die bisherigen Saisonverläufe des VfB und den SC in der aktuellen Spielzeit beurteilen?
Andreas Hinkel: "Nach dem durchwachsenen Start hat sich der VfB jetzt gefangen und eine gute Serie hingelegt. Er ist stabil, wobei die Niederlage gegen Hannover ärgerlich war. Freiburg ist für seine Verhältnisse völlig im Soll. Beide Mannschaften sind in einer ordentlichen Position und das Team, welches gewinnt, ist wieder auf Tuchfühlung mit dem oberen Tabellendrittel. Schließlich geht es in der Liga sehr eng zu. Wenn man zwei, drei Spiele gewinnt oder verliert, geht es gleich wieder hoch oder runter. Daher ist aktuell für beide Teams noch nichts gewonnen oder verloren, sie können noch einiges erreichen."
Was erwartest Du vom Spiel?
Andreas Hinkel: "Ich erwarte, dass beide gewinnen wollen und auf Sieg spielen. Es ist ein Derby, und natürlich will der große Verein in Baden-Württemberg gegen Freiburg gewinnen. Ich denke dennoch, dass der VfB gut stehen und aus einer kompakten Ordnung heraus agieren wird. Wenn er das macht, ist es schwierig Tore gegen ihn zu erzielen. Und nach vorne geht immer etwas. Aber auch wenn Freiburg der kleinere Verein ist, will er sicherlich die Initiative ergreifen und Fußball spielen. Das ist einfach die Schule des SC und das macht er fast immer."
Worauf muss der VfB besonders aufpassen?
Andreas Hinkel: "Daniel Caligiuri ist derzeit richtig gut drauf, Max Kruse war eine tolle Verpflichtung, Jan Rosenthal bringt ein spielerisches Element rein. Aber ich will gar keinen herausheben, denn es ist die Freiburger Stärke, dass die Mannschaft eine geschlossene Einheit ist. Da werden alle zusammenarbeiten, Gas geben, rennen und machen. Außerdem hat sich bei den Standards einiges unter dem neuen Trainerteam getan, Freiburg hat viele Varianten."
Deine Aussagen deuten auf eine interessante Partie hin. Wenn Du einen Tipp abgeben müsstet, wie würde dieser ausfallen?
Andreas Hinkel: "Das überlegt man sich natürlich immer, aber ich bin in einer schwierigen Situation. Beim SC habe ich noch Freunde – aber der VfB ist mein Verein…Lass mich diplomatisch antworten: ich werde mir das Spiel ganz entspannt im Stadion anschauen und mich auf eine schöne Partie freuen – und dann kommt es, wie es kommt. Da verhalte ich mich jetzt mal so, wie es der Bundestrainer machen würde, der ja auch hier wohnt." (lacht)