Hallo Bernd, erinnerst Du Dich noch an den 27. Oktober 2009?
Bernd Nehrig: „Ja, das war bestimmt mein erstes Spiel…"
…nein.
Bernd Nehrig: "Stimmt, das war ja 2006. Ach jetzt fällt es mir ein. Das war das Pokalspiel gegen Stuttgart." (lacht)
Du lachst, weil Du bestimmt noch gute Erinnerungen hast.
Bernd Nehrig: "Mit Sicherheit. Es war schön, weil wir 1:0 gewonnen haben und ich das Tor geschossen habe. Es war einerseits ein Stück weit schade, weil ich dazu beigetragen habe, dass sich der Druck auf Markus Babbel erhöht hat, aber letztendlich war es auch toll, in so einem Spiel das entscheidende Tor zu schießen. Dennoch ist da auch ein Wehrmutstropfen dabei, wenn man gegen den Ex-Verein trifft, weil ich dort ausgebildet wurde und immer gute Erinnerungen hatte."
Inwiefern ist es auch diesmal für Dich noch besonders motivierend gegen den VfB zu spielen, schließlich bist Du mit zwölf Jahren nach Stuttgart gewechselt und warst bis 2007 hier?
Bernd Nehrig: "Es ist immer etwas Schönes, gegen den Ex-Klub zu spielen. Egal, wie lange das her ist. Ich hatte dort eine schöne Zeit und eine super Ausbildung und mit Sicherheit hat der VfB einen Riesenanteil, dass ich jetzt gegen den VfB in der Bundesliga spielen kann. Es ist aber nicht so, dass ich nicht jubeln würde, wenn ich ein Tor schieße. Ich freue mich jedenfalls sehr auf die Partie."
Von 1998 bis 2007 im VfB Dress: Bernd Nehrig
Ist eigentlich etwas Besonderes geplant, kommen beispielsweise alte Kumpels zum Zuschauen?
Bernd Nehrig: "Ich habe lange mit Christian Gentner zusammengespielt, unsere Eltern haben noch Kontakt. Daher haben wir seine und meine Eltern eingeladen, das Spiel in Fürth zu schauen. In der Rückrunde werden wir das dann in Stuttgart genauso machen."
Das Spiel am Samstag ist Dein erstes Duell mit dem VfB in der Bundesliga. Was erwartest Du für eine Partie?
Bernd Nehrig: "Es ist für uns ein eminent wichtiges Spiel. Wir haben schließlich erst wenige Punkte auf dem Konto und sind schon ein Stück weit gezwungen zu punkten. Es wird aber nicht einfach, weil der VfB eine gute Mannschaft ist. Wir haben jedoch auch gesehen, dass der VfB noch nicht so konstant spielt, darin sehen wir unsere Chance. Ich erwarte eine offene und interessante Partie, weil auch der VfB nach vorne spielen wird. Wir können uns auf eine schöne Begegnung freuen."
"Gezwungen zu punkten"
Du sagst, ihr seid fast schon gezwungen zu punkten. Ein Sieg, fünf Unentschieden, acht Niederlagen bedeuten derzeit den vorletzten Tabellenplatz. Was fehlt Fürth bislang noch, um in der Liga zu verbleiben?
Bernd Nehrig: "Man hat zu Saisonbeginn gesehen, dass wir sehr unerfahren waren. Wir haben einige leichte Fehler gemacht, die prompt bestraft wurden. Uns hat die Abgezocktheit gefehlt. Mittlerweile stehen und spielen wir aber besser. Doch wir haben in den vergangenen Partien ein paar große Chancen zur Führung verpasst und daher auch oft nur unentschieden gespielt."
Du hast gesagt, dass der VfB bisher nicht konstant spielt. Was denkt Ihr in Fürth sonst noch über die Mannschaft von Bruno Labbadia in der bisherigen Spielzeit?
Bernd Nehrig: "Sie haben zum einen exzellente Spieler, vor allem auch in der Offensive mit dem Knipser Vedad Ibisevic und mit flinken Leuten wie Martin Harnik oder Ibrahima Traoré, die Zug zum Tor haben. Andererseits haben sie aber auch eine Mehrfachbelastung und daher vielleicht nicht immer 100 Prozent im Tank. Daher sollten wir Gas geben und Druck machen, damit wir sie so lange bespielen, bis die Kraft nachlässt. Teilweise waren sie zudem defensiv ein Stück weit anfällig. Insgesamt haben wir Respekt, aber wir suchen natürlich unsere Chance."
Gegen den VfB wird es Dein 16. Bundesliga-Spiel sein, bis zum Profi-Fußball ist es ein anstrengender Weg. Bei Dir ist vor allem der Blick auf die Position interessant. Als kleiner Junge musstest Du in Steinheim bei Heidenheim ins Tor, beim VfB II bist Du aufgrund von Personalnotstand in den Sturm gerückt, hast dort nach Deinem Wechsel zu Fürth im Jahr 2007 zunächst auch gespielt und läufst nun aber regelmäßig als Außenverteidiger auf. Wie kommt so etwas zustande?
Bernd Nehrig: "In der VfB Jugend habe ich ausschließlich im Mittelfeld gespielt, im Zentrum oder rechts außen. Da bei den Amateuren im wfv-Pokal kein Lizenzspieler eingesetzt werden durfte und es Engpässe im Sturm gab, habe ich dort ausgeholfen. Das hat gut geklappt und ich habe mich wohlgefühlt. Daher war ich in der kommenden Saison auch im Angriff und habe meinen ersten Profivertrag als Stürmer unterschrieben. In Fürth bin ich dann unter Bruno Labbadia wegen Personalnotstands wieder ins rechte Mittelfeld gerückt. Von da an habe ich nicht mehr im Sturm gespielt und bin wegen einer Verletzung des Außenverteidigers dann auch noch auf die rechte Abwehrseite gerutscht. Seitdem spiele ich dort…"
Vom Torwart zum Stürmer zum Außenverteidiger
…und Du scheinst Dich damit voll zu identifizieren. Jedenfalls hast Du mal gesagt, dass Du Dich an Spielern wie Bayerns Philipp Lahm und Dortmunds Lukasz Piszczek orientierst, die beide Außenverteidiger sind.
Bernd Nehrig: "Ich habe die Position angenommen, sie ist hoch interessant und sehr anspruchsvoll. Fußballerisch steckt in ihr alles drin, man hat eine hohe Verantwortung im Defensivverhalten, muss aber auch offensiv Druck machen und flanken. Das macht mir richtig viel Spaß und ich fühle mich sehr wohl."
"Labbadia steht für 100 Prozent Herzblut"
Du hast es schon angesprochen. Bruno Labbadia war in Fürth Dein Trainer, nun begegnest Du ihm wieder. Was hast Du von ihm gelernt?
Bernd Nehrig: "Er hat mich nach Fürth geholt und war ein Jahr mein Trainer. Es war wirklich eine richtig geile und erfolgreiche Zeit. Er steht einfach für 100 Prozent Herzblut, fiebert auch neben der Bank richtig mit. Er hat immer gesagt, dass für ihn jedes Spiel ein Feiertag und etwas Besonderes ist. Schon daran erkennt man, wie wichtig ihm der Fußball ist. Wir haben unter ihm sehr viel taktisch gearbeitet, er hat eine ganz klare Vorstellung, wie seine Mannschaft spielen soll. Als junger Spieler habe ich bei ihm fußballerisch sehr viel dazugelernt, aber auch von der Einstellung, der Körpersprache und vom Willen her."
Er hat Fürth verlassen und ist mittlerweile seit 2010 beim VfB. Du bist noch ein Teil des Kleeblatt-Teams und hast mal gesagt, dass die Arbeitsbedingungen dort optimal seien. Was meinst Du damit konkret?
Bernd Nehrig: "Es ist ein sehr familiärer Verein, alle arbeiten eng miteinander zusammen, es herrscht ein tolles Arbeitsklima im kompletten Klub. Die Presselandschaft ist in Fürth nicht so groß wie in Köln oder Stuttgart, hier wird auch nicht so draufgehauen und man wird auch verbal nicht so angegangen, wenn es mal nicht läuft. Es entsteht daher kein Riesendruck und wir können in Ruhe arbeiten und uns zu 100 Prozent auf den Fußball konzentrieren. Es gibt nicht so viele andere Störfeuer."
Zum Abschluss nochmal ein Datum, in gewisser Weise für Dich auch optimal: der 26. August 2006. Das war Dein Bundesliga-Debüt im VfB Trikot. Zur Winterpause bist Du dann aber nach Unterhaching gewechselt. Hast Du dennoch die Meisterschaft ein wenig mitgefeiert?
Bernd Nehrig: "Dadurch dass ich nur das erste halbe Jahr dort war, war der Draht nicht mehr so eng. Aber letztlich habe ich ein Spiel gemacht und saß bei einigen auf der Bank, auch im DFB-Pokal. Ich wurde vom VfB außerdem zum Pokal-Finale nach Berlin eingeladen und dort wurde trotz der Niederlage gefeiert, weil der Titel ja entschädigte. Klar, habe auch ich ein Stück weit gefeiert. Die Meistersaison war eine tolle Erfahrung, auch wenn ich nicht viel Spielzeit bekommen habe. Aber ich war eine Halbserie dabei und somit auch ein Stück weit Teil der Mannschaft."