Sven Ulreich hat als Torhüter einen guten Blick auf das Geschehen vor ihm. Die Aussagen von ihm und seinen Keeper-Kollegen über die Leistung einer Mannschaft haben daher ein großes Gewicht. Nach dem 1:0-Sieg beim Hamburger SV sagte der VfB Schlussmann: "Man kann keinen herausnehmen, wir haben als Mannschaft hervorragend verteidigt und sind super aufgetreten."
"Mannschaft", "geschlossen", "zusammen", die VfB Akteure bedienten sich nach der starken Vorstellung in der Imtech Arena vor 53.128 Zuschauern – darunter etwa 1.600 mitgereiste VfB Fans – allesamt dieser Begriffe bei der Spielanalyse. Die Stimmung unter den Profis ist ohnehin seit Wochen gut, nun setzten sie diese Harmonie, dieses positive Zusammenspiel auch auf dem Platz um und zeigten, welche Qualität in der Mannschaft steckt.
Besonders in der ersten Hälfte ließ das Team von Bruno Labbadia den HSV-Profis kaum Raum. Immer attackierten zwei, drei Stuttgarter den ballführenden Hamburger und gingen dann auch in den Zweikämpfe, die sie mehrheitlich für sich entschieden, wie die Statistik von 57 Prozent bestätigt. Der VfB verschob kompakt, machte die Räume in der Defensivbewegung "hervorragend eng" (Thorsten Fink), schwärmte nach dem Ballgewinn umgehend und zielstrebig aus.
Mutiges Pressing
Außerdem setzten sie den HSV sofort unter Druck. "Wir haben ein sehr gutes Pressing gezeigt und es gewagt, relativ früh zu stören, obwohl wir wussten, dass Hamburg konterstark ist", sagte Bruno Labbadia, der ebenfalls die Geschlossenheit betonte und es als eine "Topleistung" bezeichnete, "wie wir zusammen verteidigt haben".
Darunter fallen beispielsweise die spielzerstörerische Arbeit von William Kvist und Christian Gentner, welche die HSV-Gestalter Raphael van der Vaart und Milan Badelj nicht gestalten ließen und so gut zusammen funktionieren, dass sie die Bild-Zeitung unter dem Begriff "Kvistner" zusammenfasste. Bruno Labbadia meinte mit der guten Defensivarbeit aber auch die Leistung seiner Innenverteidiger Georg Niedermeier und Serdar Tasci, die zur Stelle waren, wenn es brenzlig wurde, und auch die Paraden von Sven Ulreich, der den Sieg festhielt. "Es war wichtig, dass wir hinten dicht gemacht und kein Tor kassiert haben", sagte der Siegtorschütze Vedad Ibisevic und ergänzte: "Es war für uns alle gut, dass wir gewonnen haben. Nun können wir in Ruhe arbeiten."
Derweil funktionierte das Zusammenspiel auch in der Offensivbewegung sehr gut. Auf den Außenbahnen passte die Abstimmung zwischen Gotoku Sakai und Martin Harnik sowie Arthur Boka beziehungsweise Cristian Molinaro und Ibrahima Traoré. Bei den Angriffen scheuten die Profis zudem das Eins-gegen-Eins nicht, kamen immer wieder schön durch und dominierten den HSV auch bei der Laufleistung. Im Spielaufbau setzten indes Christian Gentner und Raphael Holzhauser ihre Mitspieler das ein ums andere Mal toll in Szene und suchten auch selbst den Abschluss. "Man merkt, wir bekommen wieder mehr Selbstvertrauen", sagte der Österreicher.
Das äußerte sich am Sonntag auch in der mutigen Spielweise des VfB, von der Bruno Labbadia sprach, und die sich nicht nur im Pressing, sondern auch in den Dribblings und Abschlüssen widerspiegelte. Um die gute, geschlossene Leistung des VfB lückenlos zusammenzufassen, müssen zudem die Anhänger erwähnt werden. "Es macht auch immer Spaß auswärts zu spielen, weil wir super unterstützt werden, und die Fans ordentlich Stimmung machen", sagte Martin Harnik.
Die VfB Anhänger bestätigten ihrerseits dann auch, dass die Leistung des gesamten Teams gut war. Denn auf die Frage nach dem "Man of the Match" auf der VfB Facebook-Seite schrieben einige, dass dies die "Mannschaft" gewesen sei - und das obwohl nur nach Einzelspielern gefragt wurde.
Alle müssen funktionieren
Die VfB Profis wissen aber auch, dass alle funktionieren und ihre Leistung abrufen müssen, damit solch ein tolles Spiel wie in Hamburg möglich ist. Den nächsten Beweis für ihre Qualität können sie am Donnerstag in der Europa League gegen den FC Kopenhagen antreten. Und eine Sache, die der VfB bis dahin trainieren sollte, hat die Partie in Hamburg trotz aller positiven Nachrichten gezeigt: den Torabschluss.
"Das Spiel war sehr anstrengend und spannend, weil wir die Chancen nicht genutzt haben. Das müssen wir uns vorwerfen lassen", sagte Martin Harnik und fügte an: "Das war ein wichtiger Dreier, wir waren spielerisch und kämpferisch stark. Jetzt müssen wir aber noch einige Punkte folgen lassen, um dahin zu kommen, wo wir hingehören." Der Blick auf die Tabelle ist jedoch bereits nach dem Sieg in Hamburg etwas entspannter, denn der VfB belegt nun Rang zwölf.