Herr Kuranyi, auf Ihrer Facebook-Seite hat ein User geschrieben: "Der Knoten platzt gegen den VfB." Was spricht nach dem verkorksten Saisonstart Ihres Klubs Dynamo Moskau mit fünf Niederlagen in fünf Spielen für diese Aussage?
Kevin Kuranyi: "Erstens muss ja jede Serie mal ein Ende haben, auch eine negative. Zweitens weiß ich um das Potenzial unserer Mannschaft – wir sollten es nur endlich mal abrufen. Drittens wird unser neuer Trainer Dan Petrescu erstmals auf der Bank sitzen. Ich habe bisher nur Positives von ihm gehört. Und es wäre ja nicht das erste Mal, dass ein neuer Coach für neue Energie sorgt. Und viertens geht es in der Europa League bei null los. Auch das ist eine Chance."
Welche Gründe sehen Sie für den Fehlstart?
Kevin Kuranyi: "Das ist immer schwierig zu sagen. Wir haben in der ersten Partie gut gespielt, aber unsere Chancen nicht genutzt. Danach haben wir gegen den Meister St. Petersburg verloren – und sind plötzlich in eine Negativspirale geraten. Ich hoffe, dass wir da möglichst schnell wieder rauskommen."
Die Chance dazu haben Sie nun gerade gegen Ihren Ex-Klub. Was verbinden Sie heute noch mit Stuttgart?
Kevin Kuranyi: "Vieles. Stuttgart ist meine Heimat, der VfB ein ganz besonderer Verein für mich. Meine Familie lebt hier, auch die meiner Frau. Wir fühlen uns auch jetzt in Moskau sehr wohl. Aber es steht außer Frage, dass wir nach meiner Karriere wieder in Stuttgart leben werden."
Bis 2015 in Moskau unter Vertrag: Kevin Kuranyi
Wie schätzen Sie den VfB fußballerisch ein?
Kevin Kuranyi: "Der VfB hat eine sehr gute Mannschaft. Eingespielt, kompakt, mit sehr guten Einzelspielern."
Wovor würden Sie warnen, wenn Sie Bruno Labbadia von Dynamo Moskau erzählen würden?
Kevin Kuranyi: "Och, ich würde ihm erst mal sagen: Den Kuranyi könnt ihr laufen lassen, dem müsst ihr ganz viel Platz lassen (lacht). Im Ernst: Ich bin mir sicher, dass Bruno Labbadia keine Tipps von mir benötigt. Nach allem, was ich von ihm weiß, ist er ein sehr akribischer Arbeiter, der nichts dem Zufall überlässt. Der VfB wird super vorbereitet sein."
Sie sind mittlerweile Kapitän bei Dynamo. Mit welcher Führungsphilosophie setzen Sie diese Aufgabe um?
Kevin Kuranyi: "Es ist für mich natürlich eine große Ehre, als ausländischer Spieler dieses Amt bekleiden zu dürfen. Ich versuche meine Erfahrung einzubringen und meinen Kollegen so gut wie möglich zu helfen. Und wenn es sein muss, kann ich auch mal etwas fordernder werden."
Fordernd sind sicherlich auch manchmal die Bedingungen in Russland, wie die weiten Strecken und die kalten Winter. Aber welche Unterscheide herrschen denn auf dem Platz zwischen dem russischen Fußball-Oberhaus und der Bundesliga?
Kevin Kuranyi: "Fußballerisch und taktisch sind die Unterschiede nicht so groß. Klar, in Deutschland sind die Stadien schon voll, wenn der Zeugwart den Rasen mäht. Aber auch hier in Russland sind wir auf einem guten Weg. Die Vergabe der WM 2018 hat hier einiges in Bewegung gesetzt."
Was reizt Sie an Russland, und was vermissen Sie an Deutschland?
Kevin Kuranyi: "Auch da sind die Unterschiede nicht so groß, wie manch einer vielleicht vermutet. Moskau ist eine Weltstadt. Es laufen keine Bären auf der Straße herum, aus den Wasserhähnen kommt kein Wodka, und es hat auch nicht immer 40 Grad minus. Wir fühlen uns sehr wohl. Aber Stuttgart ist unsere Heimat, dort leben unsere Familien und viele unserer Freunde. Sie vermissen wir natürlich am meisten."
Welche Erwartungen haben Sie an Ihren Auftritt in der Mercedes-Benz Arena?
Kevin Kuranyi: "Vor allem, dass wir ein gutes Spiel zeigen und uns eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel erarbeiten. Aber natürlich wird es für mich etwas ganz Besonderes sein, wieder in diesem Stadion zu spielen. Zumal meine Familie und viele Freunde da sein werden."
Die würden sich sicherlich freuen, Sie wieder in der Bundesliga zu sehen. Wann ist es soweit?
Kevin Kuranyi: "Da habe ich noch keine Ahnung. Ich habe meinen Vertrag in Moskau ja erst kürzlich bis 2015 verlängert. Aber vielleicht irgendwann."
Eventuell auch beim VfB?
Kevin Kuranyi: "Derzeit stellt sich das Thema nicht. Aber ich habe immer gesagt, dass es mein Traum wäre, nochmal für den VfB zu spielen."