Nicht nur in Deutschland, sondern vor allem beim VfB hat er sich im vergangenen Jahr blendend eingelebt. Am 17. Juni steht William Kvist der deutschen Auswahl allerdings als sportlicher Rivale gegenüber. Deutschland gegen Dänemark – eine der Toppartien in der "Todesgruppe" B, womöglich jene, die über ein Ausscheiden oder Weiterkommen bei der Europameisterschaft 2012 entscheidet. Im Interview mit www.vfb.de gab der dänische Nationalspieler einen Ausblick auf die bevorstehende EM.
Dein erstes Jahr in der Bundesliga fand mit dem Erreichen der Europa League Plätze ein erfolgreiches Ende. Inwieweit kann man den VfB Schwung der letzten Wochen und Monate mit in so ein Turnier nehmen?
William Kvist: "Es ist immer gut mit Selbstvertrauen und dem Gefühl, etwas erreicht zu haben, so eine große Aufgabe wie die EM anzugehen. Ich hoffe, dass ich bei der Nationalelf an meine Leistungen in der Rückrunde anknüpfen kann. Nach der Pause zwischen Bundesliga und Europameisterschaft konnten wir ein paar Tage abschalten und uns nun als Mannschaft auf das Turnier vorbereiten. Jetzt sind wir alle voll fokussiert auf das Turnier."
Die Gruppe B gilt mit Deutschland, Portugal, Dänemark und den Niederlanden als absolute "Todesgruppe". Welche Rolle wird darin die dänische Auswahl spielen?
William Kvist: "Wir fühlen uns in der Rolle des Underdogs sehr wohl, da in Dänemark keine allzu großen Erwartungen an uns gestellt werden und wir daher auch keiner Favoritenrolle gerecht werden müssen. Es wird natürlich schwierig in der Gruppe B aber unser Team ist jung und vor allem leidenschaftlich, wenn alles funktioniert, können wir schon für eine Überraschung sorgen."
Dänemarks Gegner in der Vorrunde sind sehr unterschiedlich. Die dänische Nationalelf trifft neben Deutschland auch auf Portugal und Niederlande. Wie schätzt du die drei Vorrunden-Gegner ein?
William Kvist: "Alle drei sind Weltklassemannschaften, deshalb sind viele Dänen auch traurig über die schwierige Gruppe, da die Euphorie nach unserer sehr positiv verlaufenen Qualifikation recht hoch war. Wir müssen drei Mal über uns hinaus wachsen, um weiterzukommen.
Vor allem die deutsche Elf hat viele hervorragende Spieler und gehört wie Spanien zu den EM-Favoriten, sie sind meiner Meinung nach das beste Team in unserer Gruppe. Gerade Bastian Schweinsteiger ist einer der besten Mittelfeldspieler der Welt, es bleibt spannend, in welcher Form er ist. Ebenso Özil und Khedira – ein überragendes Dreieck. Die portugiesische Elf hingegen hat eine gute Offensive und wird viel Ballbesitz haben. Dafür verfügen wir mit Daniel Agger und Simon Kjær über hervorragende Innenverteidiger. Ich denke, wir müssen uns auf unsere Stärken besinnen und an uns glauben und sollten weniger auf die anderen schauen. Ich hoffe auf drei gute Spiele gegen Weltklassemannschaften – wir werden versuchen, sie ein bisschen zu ärgern (lacht)."
Du hast bisher alle Spiele mit der dänischen Nationalelf bestritten. Wie sieht deine Rolle und Position innerhalb der Mannschaft aus?
William Kvist: "Auf der Sechser-Position spiele ich eine ganz ähnliche Rolle wie beim VfB, das kommt mir natürlich sehr entgegen. In der Qualifikation machte ich alle Spiele und ich bin in guter Form, das war sehr wichtig für meine Entwicklung. Morten Olsen hat mich in den Mannschaftsrat berufen. Er bat mich, mehr Verantwortung innerhalb des Teams zu übernehmen. Außerdem habe ich für Morten Olsen ein Buch über die deutschen Spieler geschrieben (lacht)…"
Dann werden wir mal konkreter: Wer zieht Deiner Meinung nach ins Viertelfinale ein und wer wird Europameister?
William Kvist: "Eine Europameisterschaft ist von der sportlichen Qualität her fast noch höher einzuschätzen als die WM, deshalb sind Prognosen über den Turnierverlauf immer schwierig.
Wir gehören rein nominell zwar eher zu den Außenseitern, aber genau das kann die Chance sein, die wir auch nutzen wollen. Ich glaube fest daran, dass wir gemeinsam mit Deutschland in die nächste Runde einziehen."
Deutschland gewann zuletzt 1996 den EM-Titel, der letzte Erfolg der Dänen liegt noch vier Jahre länger zurück. Wie hast Du das damals miterlebt, William?
William Kvist: "Obwohl ich erst sieben Jahre alt war, kann ich mich noch an alle Spiele unserer Mannschaft erinnern – auch weil ich ausnahmsweise immer bis zum Spielende aufbleiben durfte (lacht). Wir haben die EM in unserem Sommerhaus in Jütland mitverfolgt. Ich weiß noch wie groß der Jubel bei uns nach dem Finalsieg war. Wir haben den Titelgewinn bis um drei Uhr nachts gefeiert. Das war ein großartiges Erlebnis für alle Dänen. In Dänemark gab es über den gesamten Sommer hinweg nur dieses eine Thema. Die Spieler von damals, wie Brian Laudrup, Flemming Polvsen oder Peter Schmeichel, sind heute noch echte Sportlerhelden für uns Dänen. Sie haben etwas geschafft, das vorher kaum einer für möglich gehalten hat."