Etwas mehr als zehn Jahre nach seinem einjährigen Engagement beim VfB ist Michael Zeyer wieder in die baden-württembergische Landeshauptstadt zurückgekehrt. Zunächst war er als Sportlicher Leiter bei den Stuttgarter Kickers aktiv, seit 2011 ist er Gastronom.
Den Durchbruch als Fußballer schaffte der 43-Jährige beim SC Freiburg, beim VfB erlebte er vier Trainer in einem Jahr. Nach seiner Karriere, die er zum größten Teil beim MSV Duisburg verbrachte, machte sich der in Neresheim auf der Ostalb geborene ehemalige Mittelfeldspieler auf große Reise durch Europa.
Vor dem baden-württembergischen Derby zwischen dem SC Freiburg und dem VfB am Samstag um 15.30 Uhr in der Mercedes-Benz Arena sprach www.vfb.de mit Michael Zeyer über seine Stationen in Freiburg und beim VfB, die Zeit nach dem Profifußball, die Lokalität "5" und natürlich über das Duell seiner beiden Ex-Vereine.
Zeyer im Derby gegen Freiburgs Baya Zoubaier
Hallo Michael, es klingt sehr geschäftig bei Ihnen im Hintergrund, wo erreichen wir Sie?
Michael Zeyer: "Ich bin im ‚5‘, das ich mit meiner Partnerin vor etwa einem Jahr in der Bolzstraße in Stuttgart Mitte eröffnet habe. Im Untergeschoss haben wir eine Bar, im ersten Stock befindet sich das Restaurant. Wir haben hier einen Ganztagesbetrieb und noch sind wir dabei, die Gewohnheiten der Stuttgarter herauszufinden, ihre Verhaltensmuster kennenzulernen und uns alles anzuschauen. Aber das ‚5‘ wurde bisher sehr gut angenommen. Ich wollte Menschen mit einem Faible für guten Geschmack und Design etwas bieten."
Ein ungewöhnlicher Weg für einen Ex-Profifußballer. Was ist nach ihrem Karriereende sonst so passiert?
Michael Zeyer: "Zunächst habe ich etwas Abstand vom Fußball gebraucht und bin auf Reisen gegangen. Ich habe eine Weile in Russland in St. Petersburg gelebt. Dann wollte ich doch wieder zum Fußball zurück, weshalb ich bei ZSKA Moskau ein Praktikum absolviert habe. Während eines Ausfluges nach Island habe ich dort bei Ungmennafélag Grindavíkur auch noch kurz Fußball gespielt, bevor ich zu Hause in Neresheim im Familienbetrieb mitgearbeitet habe. Anschließend folgte ein zweijähriger Masterstudiengang in Business and Administration in St. Petersburg. Danach habe ich an meiner Selbstständigkeit gearbeitet und war für ein Jahr Sportlicher Leiter bei den Stuttgarter Kickers."
Und heute führen Sie das "5" in Stuttgart. Bleibt da überhaupt noch Zeit für Fußball?
Michael Zeyer: "Dem Fußball bin ich momentan nur als Zuschauer und als Interessierter verbunden. Aber im ‚5‘ merkt man oft, dass der Fußball in Stuttgart ein wichtiges Thema ist. Auch der eine oder andere VfB-Spieler und auch Ex-VfBler waren schon hier. Und mit Marc Kienle beispielsweise bin ich sehr gut befreundet."
Wie sind Ihre Erinnerungen an das Jahr zwischen 1998 und 1999 als Spieler beim VfB?
Michael Zeyer: "Damals ging ein Traum in Erfüllung, da ich immer schon bei einem großen Bundesligaverein spielen wollte. Dass es dann der Verein vor meiner eigenen Haustüre wurde, war natürlich eine große Sache. Leider bin ich zu einer schwierigen Zeit gekommen. Joachim Löw, der mich damals haben wollte, war schon wieder weg, als ich kam. Innerhalb eines Jahres waren Winfried Schäfer, Wolfgang Rolf, Rainer Adrion und Ralf Rangnick Trainer beim VfB. Am Ende habe ich wenig Wertschätzung erfahren und bin gegangen, obwohl ich gerne geblieben wäre, da ich mich beim VfB wohl gefühlt habe. Der Verein ist insgesamt gut aufgestellt und die Atmosphäre im Stadion war immer gut. Aber innerhalb der Mannschaft hatte sich nach den Erfolgen um den DFB-Pokalsieg Bequemlichkeit eingeschlichen, was absolut unnötig war, da die Mannschaft besser war, als die Leistungen, die sie gezeigt hat. Für mich war es schade, da ich zum VfB gekommen bin, um etwas zu erreichen."
Von 1998 bis 1999 im VfB-Trikot: Michael Zeyer
Den Durchbruch als Profi haben Sie von 1989 bis 1992 beim SC Freiburg geschafft, was war das für eine Zeit?
Michael Zeyer: "Damals ging es in Freiburg sehr kollegial zu zwischen den Spielern. Wir waren eine junge, studentische Mannschaft, in der mein Bruder Andreas und ich prägende Figuren waren. Mit Volker Finke herrschte eine große Euphorie um den SC. Für mich war es die erste größere Stadt und die erste Station, nachdem ich von zu Hause weggegangen bin."
Inwieweit erinnert die jetzige Freiburger Mannschaft an das damalige Team?
Michael Zeyer: "Ich kenne Christian Streich noch von früher, wir haben uns in Freiburg abseits vom Fußball kennengelernt und uns oft in der Kneipe eines gemeinsamen Freundes getroffen. Er setzt auf junge Spieler und fördert sie. Wie wir damals bestechen sie im Kollektiv durch eine unheimliche Laufbereitschaft und jeder läuft für den anderen. Christian Streich ist ein positiv Verrückter, der auch mal dahin geht, wo es weh tut. Ihn zum Cheftrainer zu machen, war eine gute Entscheidung vom SC Freiburg."
Schauen Sie sich das Derby in der Mercedes-Benz Arena an und wenn ja, für wen sind Sie und was tippen Sie?
Michael Zeyer: "Ich hatte das Derby bisher noch gar nicht so auf dem Schirm, werde aber vielleicht spontan ins Stadion gehen. Freiburg habe ich in dieser Saison noch nicht live gesehen, den VfB bereits zweimal. Ich hoffe, dass der SC die Klasse hält und hege Sympathien für den VfB, deshalb möge der Bessere gewinnen. Ich denke, dass Freiburg beim VfB etwas mitnehmen kann und würde deshalb auf ein 1:1 oder ein 2:2 tippen, was gut für den VfB ist, da ich meistens mit meinen Tipps völlig danebenliege. Wahrscheinlich gewinnt der VfB deshalb klar mit 4:0." (lacht)