Die letzten drei Tore in der Bundesliga gehen auf das Konto von Christian Gentner, der zurzeit mit einer Zerrung eines Hüftmuskels und einer Schambeinentzündung nicht am Mannschaftstraining teilnehmen kann. Am Vormittag arbeitete der Mittelfeldspieler intensiv an seinem Comeback, verbrachte zwei Stunden im Kraftraum, machte Übungen für den Oberkörper, lief 45 Minuten auf dem Laufband und absolvierte anschließend noch eine Einheit Aqua-Jogging im Schwimmbecken des Hotels Kempinski.
Die Zeit zwischen dem Rehatraining mit Christos Papadopoulos und dem Mittagessen nutzte Christian Gentner dann noch für ein ausführliches Interview mit www.vfb.de.
Hallo Gente, du kommst direkt vom Training. Was macht deine Verletzung und wie geht es dir?
Christian Gentner: "Der Zeitpunkt mitten in der Vorbereitung ist natürlich ärgerlich, wobei es nie schön ist, verletzt zu sein. Für mich ist die Verletzung nur schwer einzuschätzen, da ich in meiner Karriere noch nie muskuläre Probleme hatte. In den letzten Tagen hat sich kaum etwas verbessert, aber unsere Ärzte haben mir auch vorhergesagt, dass ich geduldig sein muss und ich vertraue unserer ärztlichen Abteilung vollkommen. Ich will natürlich so schnell wie möglich zurück auf den Platz und der Mannschaft helfen."
Die Vorrunde ist vorbei, wie lautet dein persönliches Fazit und wie beurteilst du die Leistungen der Mannschaft insgesamt?
Christian Gentner: "Der achte Platz ist nach der vergangenen Saison nicht so schlecht. Aber uns hat die Konstanz gefehlt, sonst würden wir auch noch besser dastehen. Bei mir lief es am Anfang der Saison gut, dann kam aber leider eine Phase, die nicht so gut war und in der ich keine ganz einfache Zeit hatte. Am Ende der Saison habe ich dann aber wieder gezeigt, dass ich gut genug bin, um in dieser Mannschaft spielen zu können und dass ich dem Team helfen kann."
Wie denkst du im Nachhinein an diese Phase, in der du Kritik von den Fans einstecken musstest und vereinzelte Pfiffe in der Mercedes-Benz Arena zu hören waren?
Christian Gentner: "Ich habe das damals so akzeptiert und einfach immer weiter an mir gearbeitet. Zum Glück hatte ich genügend Ansprechpartner in der Familie oder im Trainerteam, mit denen ich über diese Situation auch reden konnte. Ich wusste, dass meine Chance wieder kommen würde. An meinem Spiel habe ich nichts geändert und ich habe mich auch nicht in Frage gestellt. Ich bin selbstkritisch genug und weiß, was ich kann. Dazu spiele ich schon lange genug auf höchstem Niveau erfolgreich in der Bundesliga. Von denen, die im Stadion gepfiffen haben, hat mir nie jemand direkt seine Kritik ins Gesicht gesagt. Natürlich gab es Spiele, in denen ich nicht gut gespielt habe. Aber Pfiffe gegen die eigenen Spieler helfen uns nicht weiter. Niemand spielt absichtlich schlecht. Dafür habe ich kein Verständnis, egal ob bei mir oder einem meiner Mitspieler. Eine hohe Erwartungshaltung unserer Fans ist in Ordnung, die haben wir auch an uns. Aber manchmal sollten die Zuschauer geduldiger sein. An unseren treuesten Fans in der Cannstatter Kurve und bei den Auswärtsspielen könnte sich manch ein Zuschauer etwas abschauen."
Die Rückrunde steht kurz bevor, was erwartest du dir für den Rest der Saison?
Christian Gentner: "Wir hoffen, dass wir mit neuem Schwung in die Rückrunde starten. Wir haben die Dinge, die zuletzt nicht so gut waren, aufgearbeitet. Es gab zu viele Spiele, in denen wir mitgehalten haben, am Ende aber zu wenige Punkte dabei heraussprangen. Ergebnisse haben für uns höchste Priorität. Für ein gutes Spiel, das man mit null Punkten beendet, bekommt man am Ende gar nichts. Uns erwartet ein Hammerstart zum Auftakt gegen Teams, die zu Recht oben stehen in der Tabelle. Dazu kommt dann Anfang Februar noch der Pokalkracher gegen Bayern. Danach sehen wir, in welche Richtung es geht. Mich stimmt positiv, dass wir in der Hinrunde gegen diese Mannschaften immer gut aussahen und mithalten konnten. Wir wollen alle wieder international spielen und haben zwei Möglichkeiten, dies zu erreichen, im Pokal und in der Liga. Darauf fokussieren wir uns und geben alles dafür."
Die Voraussetzungen für eine gute Rückrunde werden hier in Belek gelegt. Wie fällt dein Fazit vom Trainingslager zwei Tage vor der Heimreise aus?
Christian Gentner: "Das Trainingslager ist sehr positiv verlaufen, auch wenn wir etwas Pech mit dem Wetter hatten. Aber die Bedingungen im Hotel und auf dem Trainingsplatz waren super. Die Stimmung im Team ist sehr gut, einen Lagerkoller gibt es bei uns nicht."
Gente mit Christos Papadopoulos
Die Stimmung scheint auf bei Neuzugang Gotoku Sakai gut zu sein, mit dem du und Georg Niedermeier ab und zu Deutschunterricht macht. Wie kam es dazu?
Christian Gentner: "Georg und ich bleiben nach dem Essen einfach gerne noch etwas sitzen und lassen uns mehr Zeit, als andere. Während Martin Harnik oder Timo Gebhart schon ihren Mittagsschlaf machen, holen wir uns unseren Hauptgang (lacht). Wenn unsere beiden Japaner dann noch da sind, holen wir sie an den Tisch und machen mit ihnen Späße auf Deutsch und unterhalten uns mit ihnen. Es ist wichtig, dass Go sich schnell wohl fühlt bei uns, das haben wir auch mit Shinji, Maza oder William so gemacht. Ich denke, das ist auch die Aufgabe eines Mitspielers."
Apropos Martin Harnik. Wie beurteilst du seine Vertragsverlängerung?
Christian Gentner: "Er hat sich bei uns unheimlich schnell und gut entwickelt, obwohl es für ihn nach seinem Wechsel keine einfache Zeit war. Als er kam gab es einen Wechsel auf der Position des Trainers und des Managers und wir haben die gesamte Saison über gegen den Abstieg gespielt. Er hat sich von alldem weitestgehend unbeeindruckt gezeigt, obwohl er auch noch relativ jung ist. Das zeugt von Charakterstärke. Ich unternehme auch privat viel mit ihm und auch unsere Frauen verstehen sich sehr gut. Von Vereinsseite ist es wichtig für die Zukunft, solche Spieler langfristig zu binden. Natürlich kann das auch ein Vorbild für andere Spieler sein, wobei schon vorher klar war, dass der VfB eine sehr gute Adresse ist in Deutschland."
Für die Zukunft des Vereins sprechen auch die gute Jugendarbeit und die erfolgreiche U23, von der fünf Spieler mit euch dabei sind. Wie schätzt du die Youngsters ein und was kannst du ihnen mit auf den Weg geben, schließlich hast du selber den Sprung aus der Jugend über die zweite Mannschaft zu den Profis geschafft?
Christian Gentner: "In meinen Augen haben alle fünf Spieler vom Talent und vom Charakter her die Möglichkeit, den Sprung in die Bundesliga zu schaffen. Es ist wichtig, dass sie sich in jeder Einheit und auch neben dem Training viel von den erfahrenen Spielern abschauen, auch was Pflege und Regeneration betrifft. Der Unterschied zwischen 3. Liga und Bundesliga ist schon extrem, alleine was Tempo, Ballsicherheit und Konzentration anbelangt. Das ist oft ein jahrelanger Prozess, bis man das drauf hat."
Kannst du zu jedem einzelnen noch ein paar Sätze sagen?
Christian Gentner: "Christoph Hemlein ist ja bereits schon länger bei uns dabei, hat schon ein Tor im DFB-Pokal erzielt und auch schon in der Bundesliga gespielt. Er ist immer sehr engagiert und motiviert, vor dem Tor sehr stark und er hat einen scharfen und platzierten Schuss. Das ist seine gefährlichste Waffe. Alexander Riemann verfügt über eine unglaubliche Schnelligkeit. Er muss noch lernen, wie er diese Stärke richtig einsetzen kann. Wenn er in die Tiefe startet, ist er kaum zu halten. Raphael Holzhauser hat große Anlagen, einen super linken Fuß, eine gute Übersicht, ein sicheres Passspiel und einen starken Schuss. Er muss noch robuster werden, aber das kommt mit der Zeit. Toni Rüdiger ist auch sehr engagiert für sein junges Alter, kopfball- und zweikampfstark. Er muss noch etwas ruhiger werden. Mit seinem Bruder Sahr Senesie habe ich in den Jugendnationalmannschaften zusammen gespielt. André Weis ist vom Charakter und als Torwart ein super Typ. Er hat sich in der kurzen Zeit unter Andi Menger toll entwickelt und eine sehr starke Hinrunde mit der 3. Liga gespielt. Mein Bruder hat mit ihm in Koblenz gespielt, daher kenne ich ihn auch schon etwas länger. Es ist gut, dass wir einen jungen Torwart haben, der hinter Ulle und Marc Druck macht."