Der große Tag begann ganz bodenständig: Am 21. Mai 1977 reiste die VfB Mannschaft um Trainer Jürgen Sundermann zum letzten Saisonspiel bei Eintracht Trier. Zumindest einfach punkten musste die Wasenelf bei den Moselstädtern, um den Wiederaufstieg in die Bundesliga nach zwei Jahren in der 2. Bundesliga Süd perfekt zu machen. Es sollte eine aufzehrende Zeit zu Ende gehen, die dem VfB auch finanziell zu schaffen machte. „Von tausend Nöten belastet“, wie der Reporter Hans Blickensdörfer damals schrieb, trat der VfB in Trier an. So fehlte nach Schilderungen von Jürgen Sundermann dem Verein sogar das Geld, um die Spieler auf der letzten Auswärtsfahrt der Saison mit ordentlichen Lunchpaketen zu versorgen. Brötchen und Fleischwurst, noch am Morgen beim Metzger besorgt, sollten die Spieler wenigstens nicht mit leerem Magen auflaufen lassen. Auf diese Weise gestärkt, betraten Hermann Ohlicher und Co. in Trier den Rasen. Die 90 Minuten sollten zu einem Geduldsspiel werden, bei dem der VfB Trainer so kurz vor dem Ziel vor Leichtsinn warnte.
Jürgen Sundermann traf als Motivator den richtigen Ton bei der Mannschaft, die sich aus erfahrenen Spielern wie Hermann Ohlicher oder Dragan Holcer und hoffnungsvollen Talenten wie Karlheinz Förster oder Hansi Müller zusammensetzte. Das Team harmonierte bestens und sorgte im Saisonverlauf für so manche Bestmarke. Satte 100 Mal trafen seine Schützlinge ins gegnerische Tor, gleich acht Mal am vorletzten Spieltag gegen Jahn Regensburg. Ein Spieler, der in dieser Partie vor allem auf sich aufmerksam machte, war Ottmar Hitzfeld. Er schoss allein sechs der acht Tore gegen die Regensburger – ein Rekord, der im deutschen Fußball bis heute Bestand hat. Mit insgesamt 22 Treffern krönte sich Ottmar Hitzfeld damals zudem zum Torschützenkönig der 2. Bundesliga Süd.
Torlos dagegen endete die Partie am 21. Mai in Trier. Ein Punkt. Dieser genügte dem VfB, um die Saison vor dem TSV 1860 München auf Platz eins zu beenden. Und so bodenständig dieser Tag begonnen hatte, so fröhlich endete er. „Eine solche Stunde hat es beim VfB Stuttgart von 1893 nicht mehr gegeben, seit er an einem heißen Sommertag des Jahres 1950 unter der Tribüne des Berliner Olympiastadions seine erste Meisterschaft feierte“, schrieb Hans Blickensdörfer nieder. Noch auf dem Platz knallten die Korken. Der damalige Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder hatte alles vorbereitet und sorgte für Nachschub. Auf der Heimfahrt ließ er den Bus an einer Autobahnraststätte anhalten, um weiteren Champagner zu kaufen, wie Jürgen Sundermann berichtete. In Stuttgart ging die Feier schließlich weiter. Es war ein wahrlich großer Tag für den VfB.
Info
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