Luca Jaquez spaziert durch die Parkanlage am Schloss Monrepos bei Ludwigsburg. Nach ereignisreichen Monaten bleibt Zeit, mal durchzuatmen. Im Februar der Wechsel vom FC Luzern aus der Schweiz zum VfB, im Mai der DFB-Pokalsieg mit dem Club aus Cannstatt und zuletzt das Debüt für die Nationalmannschaft der „Eidgenossen“. Der 22-Jährige hat sich Träume erfüllt – und das als Verteidiger. Denn eigentlich hat er jahrelang Tore geschossen – und weniger verhindert. Als Jugendlicher lief er in der Offensive auf, wurde erst später zum Abwehrspieler umgeschult. Eine Maßnahme, für die er mittlerweile sehr dankbar ist, wie er im Gespräch erzählt.
Hallo Luca, geboren und aufgewachsen bist du in Luzern – einem beliebten Touristenort in der Schweiz. Wie hast du dich inzwischen in der Stuttgarter Region eingelebt?
Luca: „Ich fühle mich sehr wohl. Stuttgart ist meine erste Station außerhalb von Luzern. Das war für mich als heimatverbundener Mensch, der den See und die Berge mag, schon ein gewisser Schritt, aber ich habe dadurch viele neue Seiten kennenlernen können. Und was mich an Stuttgart zusätzlich beeindruckt, ist, wie die Stadt an jeder Ecke den Fußball lebt.“
Woran machst du das fest?
Luca: „Graffitis, Aufkleber, Fußballshirts, ab und an sogar Fahnen, all das ist in der Stadt präsent. An fast jedem Ort fällt ein Bezug zum VfB auf. Das zeigt, wie viel der Club den Menschen bedeutet. Ich mag solch eine Identifikation.“
In welchen Ecken und Gegenden bist du gerne unterwegs?
Luca: „Grundsätzlich haben wir durch all die ‚Englischen Wochen‘ nur begrenzt Freizeit. Ich versuche, immer mal eine neue Ecke zu entdecken und bin nicht auf einen bestimmten Stadtteil festgelegt. Dabei bin ich gerne mit dem E-Scooter unterwegs, das macht mir Spaß und somit lässt sich einiges sehen. Ich nehme häufig Tipps von meinen Teamkollegen an, die schon länger in Stuttgart leben. Persönlich gefällt mir die Region am Killesberg gut, dort gehe ich gerne eine Runde spazieren und kann dabei gut abschalten. Das Schloss Monrepos, wo wir heute sind, kannte ich übrigens noch nicht – werde mir den Ort aber abspeichern.“
Als du Anfang Februar zum VfB gewechselt bist, musstest du dich zunächst in Geduld üben. Dein Bundesliga-Debüt hast du am 27. Spieltag erlebt. Wie war das für dich?
Luca: „Jeder Profi möchte am liebsten so viel wie möglich spielen. Aus meiner Vergangenheit konnte ich die Situation realistisch einschätzen: Ich war neu, musste mich mitten in der Saison an das Tempo und die Intensität gewöhnen. Geduld gehört dazu, aus meiner Sicht ist das eine wichtige Tugend. Ich habe mich Schritt für Schritt herangearbeitet und in jeder Trainingseinheit versucht, ein noch besserer Athlet zu werden. Ich wollte dem Trainer signalisieren: ‚Hey, wenn der Zeitpunkt für mein Debüt gekommen ist, dann werde ich bereit sein.‘ Dass es zuletzt so gut lief mit den vielen Spielminuten, dem DFB-Pokalsieg und dem Debüt in der Nationalmannschaft, macht mich sehr glücklich. Es zeigt mir, dass es sich lohnt, Ruhe zu bewahren und hart zu arbeiten.“
Apropos Nationalmannschaft: Erwischt du dich dabei, manchmal von einer Teilnahme mit der Schweiz an der WM 2026 zu träumen?
Luca: „Wir haben die Chance, in der nächsten Länderspielphase das WM-Ticket aus eigener Kraft zu lösen. Es wäre schön, wenn ich erneut nominiert werde. Alles Andere ist noch weit weg.“
Welche Unterschiede hast du zwischen der ersten Liga in der Schweiz und in Deutschland wahrgenommen?
Luca: „Noch vor meinem ersten Spiel fiel mir die Trainingsqualität auf. Die Einheiten beim VfB sind zwar nicht länger als in der Schweiz, aber die Beanspruchung ist echt hoch. Das hängt unter anderem mit dem hohen Niveau zusammen, das wir in der gesamten Mannschaft haben. Für die Bundesliga gilt: Jedes Spiel ist offen, es gibt nur wenige Ausnahmen, in denen die Favoritenrollen wirklich klar verteilt sind.“
Es wechseln regelmäßig Schweizer Spieler in die Bundesliga. Wie erklärst du dir das?
Luca: „Die Bundesliga ist in der Schweiz sehr präsent, beide Länder sind sich kulturell und geographisch nahe. Zudem gibt es viele gelungene Beispiele von Spielern, die durch einen Wechsel nach Deutschland ihren nächsten Karriereschritt machen konnten. Es gibt keine Sprachbarriere, viele Bundesligisten scouten in der Schweiz. Aus meiner Sicht ist das auch eine Auszeichnung für die ‚Super League‘ und die Arbeit in den dortigen Clubs.“
VfB-Profi Luca Jaquez:
Ich brauchte zwei, drei Wochen, bin aber zu Verstand gekommen, dass ich mir eine Chance gebe auf der Innenverteidigerposition.
Inwiefern schaust du dir von anderen Verteidigern etwas ab, um dein eigenes Spiel zu verbessern?
Luca: „Es ist nicht so, dass ich spezifisch auf einzelne Innenverteidiger schaue, aber ich verfolge generell viele Spiele und Spieler. Und ich schätze jede Trainingseinheit: Dort lassen sich Aspekte üben und einstudieren, es entstehen Automatismen und Sicherheiten. Beim VfB haben wir viele gute Innenverteidiger, wir pushen uns gegenseitig. Im Prinzip trainieren wir als Verteidiger die Stürmer – und die Stürmer trainieren uns. Im Idealfall steigern wir uns gegenseitig und werden dadurch allesamt besser.“
Als Jugendlicher sollst du dich – freundlich formuliert – durchaus gesträubt haben, als Verteidiger aufzulaufen. Stimmt das?
Luca: „Das ist korrekt (lacht). Am Anfang hat mir die Position nicht wirklich gepasst, ich habe immer von einer Karriere in der Offensive geträumt, bis ich 18 Jahre alt war, habe ich viele Partien unter anderem auf der Zehn oder als hängende Spitze bestritten. Ich brauchte dann zwei, drei Wochen, bin aber zu Verstand gekommen, dass ich mir eine Chance gebe auf der Innenverteidigerposition. Wie sich herausgestellt hat, war es die richtige Entscheidung – und ich bin Michel Renggli, meinem damaligen Trainer in Luzern, noch heute sehr dankbar, dass er diese Weitsicht hatte.“
Inwiefern profitierst du als Verteidiger davon, dass du früher Offensivspieler warst?
Luca: „Tatsächlich hilft es mir vor allem bei zwei Aspekten: Zum einen kann ich gewisse Aktionen eines Stürmers besser antizipieren und weiß, wie er sich in speziellen Situationen verhält – zum anderen hatte ich als Offensivspieler viele Aktionen mit Ball, was mir durchaus beim Spielaufbau zugutekommt.“
Nun beginnen die „Mainzer Tage“. Am Sonntag in der Bundesliga, am Mittwoch im DFB-Pokal. Was erwartest du für zwei Partien?
Luca: „Es ist schon etwas Spezielles, in solch kurzer Zeit zweimal gegen den gleichen Gegner anzutreten. Das werden sicherlich intensive Partien. Für die Vorbereitung macht das jedoch keinen Unterschied – der Fokus liegt zunächst auf der Bundesliga-Begegnung. Falls wir dort wichtige Erkenntnisse sammeln, können wir sie direkt mit Blick auf das zweite Match nutzen. Und hoffentlich in beiden Partien erfolgreich sein.“
stadion aktuell | Bundesliga 2025/2026 | 8. Spieltag
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