In einem waren sich VfB Interimstrainer Nico Willig und seine Spieler nach der 1:3-Niederlage bei Hertha BSC schnell einig: Bei den beiden Gegentore in der Schlussphase der ersten Hälfte, durch die der VfB mit einem 0:2-Rückstand in die Pause gehen musste, haben sich die Jungs aus Cannstatt durch ein unzureichendes Defensivverhalten eine sehr schwere, am Ende zu schwere Hypothek fürs restliche Spiel aufgeladen. „In beiden Situation waren wir zu passiv und haben die Bälle ins Zentrum zugelassen, was wir eigentlich verhindern wollten. Hertha hat uns mit dem Doppelschlag vor der Pause angeknockt. Dadurch sind wir auf die Verliererstraße gekommen“, sagte beispielsweise Nico Willig. „Wir haben das Spiel in der ersten Hälfte verloren. Wir haben da zwar ordentlich verteidigt und wenig Torchancen zugelassen, aber waren insgesamt zu passiv und haben zwei Tore kassiert, die so nicht fallen dürfen“, sagte Dennis Aogo. Und Mario Gomez formulierte es so: „Alles in allem war die erste Hälfte nicht schlecht, dann verteidigen wir es aber zweimal nicht gut und liegen 0:2 hinten. Wir waren bei beiden Gegentoren zu passiv.“
Doch so ausschlaggebend diese beiden Gegentore waren und so selbstkritisch die VfB Profis die eigene Leistung in diesen Szenen analysieren müssen – zur Geschichte des Spiels in Berlin gehört auf der anderen Seite genauso, dass dem VfB zuvor beim Stand von 0:0 ein klarer Handelfmeter verwehrt blieb. Ein Elfmeter, der zu einem großen Vorteil für die Gäste hätte führen und damit den Ausgang des Spiels maßgeblich hätte beeinflussen können. Doch was war geschehen? Es lief die 36. Minute, als Nicolas Gonzalez nach einem Eckball in der Mitte des Strafraums an den Ball kam, ihn aufs Hertha-Tor köpfte und Berlins Karim Rekik den Ball mit der Hand abblockte. Weil Herthas Schlussmann Rune Jarstein in dieser Szene herausgestürmt und ebenfalls mit der Hand Richtung Ball gegangen war, gingen zunächst alle Akteure davon aus, dass er den Ball abgewehrt hätte. Die TV-Bilder sprachen jedoch eine eindeutige Sprache – dass nicht der Torhüter, sondern der Feldspieler den Ball mit der Hand berührte. Ein Fall für den Videobeweis. Eigentlich. Doch der in Köln sitzende Video-Assistent schaltete sich nicht ein und ließ das Spiel weiterlaufen.
Jochen Dress, DFB-Projektleiter Video-Assistent: „So etwas darf nicht passieren“
Eine Szene, die nach dem Spielende und der Betrachtung der TV-Bilder auf allen Seiten für Unverständnis sorgte. „Ich möchte nicht nur über den Schiedsrichter reden – aber dass der Video-Assistent in so einem Moment nicht eingreift, ist für mich ein riesengroßes Rätsel“, sagte beispielsweise Dennis Aogo. Während auch die Berliner von einem klaren Fall und viel Glück für sie sprachen, beurteilte auch Jochen Drees, der DFB-Projektleiter Video-Assistent, im „aktuellen sportstudio“ des ZDF den Fall als eine Fehlentscheidung: „Es war ohne Zweifel ein strafbares Handspiel, da gibt es keine Diskussion.“ Bleibt die Frage, warum Video-Assistent Günter Perl nicht eingriff und Schiedsrichter Daniel Schlager einen entsprechenden Hinweis gab. „Der Videoassistent hat es einfach nicht gesehen. Die Situation war so unscheinbar, es hat niemand reklamiert (…) und der Torhüter war in unmittelbarer Nähe, sodass die Jungs davon ausgegangen sind, dass der Torwart den Ball gespielt hat. Wir leiten die Video-Assistenten an, nicht als Detektive zu arbeiten, dass sie nicht jede Szene bis ins kleinste Detail untersuchen sollen, ob vielleicht etwas Strafbares drinsteckt. Wir wünschen uns aber, dass in Situationen wie dieser der Video-Assistent den Schiedsrichter unterstützt“, erklärte Jochen Drees, der als Supervisor am Samstagnachmittag in den Räumen der Video-Assistenten vor Ort war und mit ihnen die Vor- und Nachbesprechung abhielt. „So etwas darf nicht passieren, das ist nicht der Anspruch, den wir an den Video-Assistenten haben. Aber es sind eben Menschen und keine Maschinen. Wir können vorher und nachher viel besprechen, aber nicht den Faktor Mensch ausschließen – und der ist hier leider zum Tragen gekommen.“