Der 15. Mai 2011 war ein Berliner Feiertag. Zumindest für die Hauptstädter, die der Hertha die Daumen drücken. Der Berliner Sport-Club stand vor der letzten Partie der Zweitligasaison 2010/2011 bereits als Meister fest und empfing im Olympiastadion den FC Augsburg, der bei drei Punkten Vorsprung und einer um 20 Treffer besseren Tordifferenz im Vergleich zum Drittplatzierten ebenfalls so gut wie aufgestiegen war.
Neben der Aufstiegssause im Allgemeinen feierten die etwas mehr als 77.000 Zuschauer auch einen Akteur im Speziellen. Pal Dardai, 286 Erstligaeinsätze und Hertha-Urgestein, wurde verabschiedet. Als Rekordspieler. Mit einem rieseigen „Danke Pal Dardai“-Banner, „Pal Dardai oh oh – Pal Dardai Ohohohoh“-Fangesängen sowie einem Videoeinspieler auf der Anzeigetafel, der musikalisch mit Queens „Friends will be Friends“ untermalt war. „Er ist DIE Hertha-Legende“, rief der Stadionsprecher in sein Mikrofon. „Wir sagen danke und auf Wiedersehen.“
Das Szenario ist in einem Youtube-Video zu sehen, welches die meisten Aufrufe der Filme hat, die das Internetportal beim Suchbegriff „Pal Dardai“ ausspuckt. Die zweitmeisten Klicks hat das Video mit Bildern vom ersten Training des Ungarn als Chefcoach der Hertha Anfang Februar dieses Jahres. Gemäß der Rockband Queen sind Pal Dardai und der Hauptstadtclub zwar auch nach dem Ende seiner sportlichen Karriere im übertragenen Sinne befreundet geblieben, er arbeitete nämlich als U15-Trainer bei der Hertha. Dass die Freundschaft mit dem Profibereich aber wieder so intensiv wurde wie zu seiner Spielerzeit, kam dann doch auch ein wenig plötzlich.
Ist Herthas Rekordspieler: Pal Dardai
Kraftpaket mit Kämpferherz
Sein Vater war gerade auf Urlaubsbesuch, die Dardais wollten das Familienleben genießen, aber dann rief der Abstiegskampf im deutschen Fußball-Oberhaus. Denn „sein“ Verein beurlaubte nach der 0:1-Heimniederlage am 19. Spieltag gegen Bayer 04 Leverkusen Jos Luhukay, der übrigens bei Pal Dardais letztem Spiel noch beim FCA auf der Trainerbank saß, und der Ungar übernahm zusammen mit Rainer Widmayer.
Zwei Siege (2:0 in Mainz, 1:0 gegen Augsburg) und zwei Niederlagen (0:2 gegen Freiburg, 1:2 in Wolfsburg) später gastiert der neue Hertha-Chefcoach nun in der Mercedes-Benz Arena, und der Trainer Pal Dardai würde den Spieler Pal Dardai sicherlich gerne in seinen Reihen haben. Knapp 1,80 Meter groß, knapp 80 Kilogramm schwer. Ein Kraftpaket mit Kämpferherz, der ans Limit ging, aber trotz seines Engagements die Ruhe behielt. In 286 Bundesligapartien wurde der Ungar bei 48 gelben Karten nur einmal des Feldes verwiesen, mit Gelb-rot.
Diesen Einsatz fordert er auch von seiner Mannschaft, die er etwas offensiver als sein Vorgänger ausgerichtet hat. Die neuen Vorgaben und die Spielidee des neuen Trainerteams sind klar erkennbar, ein Impuls ging aufgrund des Übungsleiterwechsels zudem durch die Mannschaft, die nun vorne auch variabler auftritt. Pal Dardai, in Pecs aufgewachsen und über Budapest 1996 zur Hertha gekommen, lobt den Einsatz seiner Profis, bemängelt aber die wenigen Torchancen, die sich sein Team erarbeitet.
Bayern-Angebot ausgeschlagen
Sein Wort hat sicherlich großes Gewicht in der Hauptstadt, denn immerhin ist er mit Hertha BSC nicht nur aufgestiegen, er hat mit dem Club auch in der Europa sowie der Champions League gespielt – in Mailand, London und Barcelona. Doch nun zählt kein Fußball vom Format der Königsklasse, jetzt geht es um wichtige Punkte im Kampf um den Klassenverbleib.
Auch wenn Pal Dardai parallel die Nationalmannschaf seines Heimatlandes trainiert, so wäre es vermessen zu glauben, dass sich der Ungar nicht mit absoluter Kraft für den Hauptstadtclub einsetzt. Sein „blaues Hertha-Blut“ sowie sein „ungarisches Herz“ treiben ihn an, beide Aufgaben mit vollem Engagement anzupacken – und dass der ehemalige Mittelfeldspieler ein Berliner durch und durch ist, wird nicht nur dadurch klar, dass seine drei Kids in den Nachwuchsmannschaften der Hertha kicken.
Er schlug nämlich 1999 sogar ein Angebot des FC Bayern aus. Es heißt, dass damals die Brüder Hoeneß parallel mit ihm (Dieter) sowie seiner Frau Monika (Uli) telefonierten, und die Berliner damals den Vertragspoker gewannen. Heute soll die Hertha aber möglichst verlieren, denn der 6. März 2015 soll nicht auch als Berliner Feiertag in die Geschichte eingehen.