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Profis 5. Dezember 2025

„Das Spiel genießen“

Bilal El Khannouss mit Ball? Ein Stück Magie. Derweil legt der Offensivakteur besonderen Wert darauf, dass hinter jeder Aktion ein Plan steckt. Ein STADION AKTUELL-Gespräch über das Ankommen, seinen Reifeprozess – und „Baller“.

Etwas mehr als drei Monate ist Bilal El Khannouss mittlerweile beim VfB. Er hat sich schnell eingelebt – in der Stadt, auf dem Platz, in der Mannschaft. Die Spielweise des Offensivakteurs begeistert. Und auch abseits des Rasens weiß der 21-Jährige zu überzeugen: Bilal El Khannouss spricht ruhig und klar, nimmt sich Zeit für die Begegnung. Im Rahmen der neuen Film-Dokumentation „VfBeats“ traf er im Plattenladen „Second Hand Records“ in Stuttgart auf Hip-Hop-Legende „Afrob“. Bei dem Termin war auch die STADION AKTUELL dabei. Klar, dass es sich am Anfang des Interviews erst einmal um Musik drehte.

Hallo Bilal, wenn du vor Spielen im Stadion ankommst, trägst du häufig Kopfhörer. Welche Rolle spielt Musik in deinem Leben als Sportler?

Bilal: „Das ist ganz unterschiedlich. Ich höre Musik mal zum Entspannen, mal zum Fokussieren, oft auch einfach nur aus Freude. Es ist nicht so, dass Musik eine riesige Rolle in meinem Leben spielt, sondern sie gehört einfach dazu. Am liebsten höre ich französische Songs.“

Wir sind neugierig: Welche Musik läuft derzeit in der Kabine?

Bilal: „Auch das variiert tatsächlich. Meistens kümmert sich Jamie (Leweling, Anm. d. Red.) um die Musikauswahl. Er spielt häufig englische und deutsche Songs, aber auch französische Musik ist immer wieder in seiner Playlist dabei. Er findet eine gute Mischung und macht seinen Job gut (lacht).“

Du bist am letzten Tag der Sommer-Transferperiode nach Stuttgart gewechselt. Wie hast du dich inzwischen eingelebt?

Bilal: „Ich habe mich sehr gut eingelebt und bin selbst ein bisschen überrascht, wie schnell das alles funktioniert hat. Wir haben eine sehr aufgeschlossene Gruppe, jeder Teamkollege hat es mir leicht gemacht, in Stuttgart anzukommen. Außerdem sprechen einige Spieler auch Französisch, was mir gerade in den ersten Wochen sehr half – insofern hatte ich von Beginn an einen besonders guten Draht zu ‚Daxo‘ (Dan-Axel Zagadou, Anm. d. Red.), Jeff (Chabot, Anm. d. Red.), Lorenz (Assignon, Anm. d. Red.), Ameen (Al-Dakhil, Anm. d. Red.), Silas und ‚Bad‘ (Badredine Bouanani, Anm. d. Red.), mit dem ich auch privat schon einiges unternommen habe. Um weiterhin eine erfolgreiche Saison zu spielen, brauchen wir genau diesen Zusammenhalt.“

Auf dem Rasen hast du überhaupt keine Anlaufzeit gebraucht, sondern warst von Beginn an ein wichtiger Teil im Spiel des VfB. Wie lässt sich das erklären?

Bilal: „Aus meiner Sicht hängt das unter anderem mit der Spielweise des Teams zusammen. Wir suchen spielerische Lösungen, wir möchten gemeinsam Chancen kreieren und haben gerne den Ball. Das kommt mir entgegen, um meinen Teil zum Erfolg beizutragen. Außerdem hat mir das Trainerteam meine Rolle auf dem Platz sehr klar aufgezeigt. Und: Meine Persönlichkeit ist schon immer so, dass ich keine Scheu vor Herausforderungen habe, sondern direkt signalisiere, dass ich mich einbringen möchte und bereit bin. Insofern hat das gut ‚gematched‘.“

Bilal El Khannouss, Offensivakteur des VfB:

Hinter jeder Aktion muss ein Plan stecken. Nur ‚gut‘ zu spielen, reicht längst nicht mehr.

Kennst du den aus dem Englischen stammenden Begriff „Baller“?

Bilal: „Ja, den kenne ich – und wir haben definitiv einige Jungs in der Mannschaft, die richtig gut mit dem Ball umgehen können.“

Inwiefern lässt sich deine Spielweise mit der eines „Ballers“ vergleichen, wozu auch ein gewisses Zocken gehört?

Bilal: „In erster Linie versuche ich, das Spiel zu genießen – und die Fans sollen es genauso genießen können, wenn wir auf dem Rasen um den Sieg ‚fighten‘. Ich liebe es, vor solch außergewöhnlichen Kulissen wie in Stuttgart zu spielen. Zur Wahrheit gehört aber auch: Wir bewegen uns im Jahr 2025. Ein Spieler auf meiner Position wird nicht an der Art und Weise gemessen, wie kunstvoll er zockt, sondern an Statistiken und vor allem an dem Mehrwert, den er für sein Team hat. Es zählen Vorlagen, Tore, gemeinsam geholte Siege. Hinter jeder Aktion muss ein Plan stecken. Nur ‚gut‘ zu spielen, reicht längst nicht mehr.“

Inwiefern war das ein Reifeprozess für dich?

Bilal: „Ich habe mich in dieser Hinsicht weiterentwickelt. Als ich jünger war, habe ich mit manchen Aktionen mitunter meine Fähigkeiten in den Mittelpunkt gerückt und zeigen wollen, was ich für ein Spielertyp bin. Heute agiere ich viel zielstrebiger und sammle mehr Scorer für das Team. Ich habe gelernt, die richtige Mischung zu finden – diese Reife tut meinem Spiel gut. Nun geht’s darum, immer besser zu werden und die Entwicklung fortzusetzen sowie auch mit Statistiken zu untermauern.“

Wie kriegst du als Offensivfußballer die Kombination mit der Defensivarbeit hin?

Bilal: „Das war für mich noch nie ein Problem – ich habe sogar richtig Spaß daran, mit meinen Teamkollegen den Ball zu erobern und anschließend schnell umzuschalten. Davon hatten wir zuletzt einige gelungene Aktionen, die zum Erfolg führten. Verteidigen und angreifen – das gehört im Fußball zusammen.“

Du bist in Belgien zum Profi gereift, hast eine Saison in der englischen Premier League gespielt und agierst nun in der Bundesliga. Was zeichnet die deutsche Liga aus deiner Sicht aus?

Bilal: „Ich nehme die Bundesliga bislang so wahr, dass der Offensivfußball, der sogenannte ‚Attacking football‘, eine wichtige Rolle spielt. Viele Teams versuchen, tatsächlich Fußball zu spielen und Chancen zu kreieren. Sie haben eine klare Idee, die nicht nur daraus besteht, auf lange und zweite Bälle zu gehen, wie es mitunter in Belgien der Fall ist. Die großen Stadien mit der fantastischen Stimmung machen die Liga zusätzlich attraktiv. In England ist dagegen die Intensität nochmals auf einem anderen Level.“

Bilal El Khannouss, seit September beim VfB:

Wir haben Respekt vor dem FC Bayern, verfallen deswegen aber nicht in Ehrfurcht.

Wie beurteilst du euren bisherigen Saisonverlauf in der Bundesliga?

Bilal: „Wir machen es bislang gut und sind ordentlich dabei. In der Tabelle der Bundesliga ist alles sehr eng beisammen rund um die internationalen Plätze. Es ist wichtig, dass wir in dieser Gruppe vertreten sind. Wir müssen weiterhin konstant punkten, um unsere Position auszubauen.“

Am Samstag gastiert der FC Bayern München in der MHP Arena. Es ist der vermeintlich stärkste Gegner der Liga. Was erwartest du für eine Begegnung?

Bilal: „Das ist ein großes Spiel gegen einen großen Club, der auf der ganzen Welt bekannt ist. Wir haben Respekt vor dem FC Bayern, verfallen deswegen aber nicht in Ehrfurcht. Am Ende wird es ein Elf-gegen-Elf sein wie in jedem anderen Spiel auch. Wir möchten zeigen, dass wir gegen ein solch starkes Team mithalten können und sind voller Vorfreude, uns mit dem FC Bayern zu messen. Außerdem spielen wir daheim und werden unsere Fans an der Seite haben.“

Ein weiteres Highlight kannst du dir rund um den Jahreswechsel erfüllen, insofern du zum Kader der Nationalmannschaft Marokkos für den Afrika-Cup gehören wirst. Was würde es dir bedeuten, dieses Turnier spielen zu dürfen?

Bilal: „Das würde mir sehr viel bedeuten und ich möchte natürlich zum Kader gehören. Wir sind der Gastgeber für den Afrika-Cup, das kann ein großartiges Turnier in unserem Land werden. Natürlich sind die Erwartungen dementsprechend hoch: Viele Menschen wünschen sich, dass wir den Titel holen. Wir haben ein starkes Team mit vielen guten Spielern – wenn wir unsere Qualität abrufen können, dann ist sehr viel möglich. Wir setzen uns selbst die höchsten Ziele. Gleichzeitig dürfen wir uns nicht zu viel Druck machen, sondern müssen auf unsere Performance schauen und fokussiert bleiben. Generell erfüllt es mich stets mit Stolz, für Marokko auflaufen zu dürfen.“

Marokko richtet nicht nur den Afrika-Cup aus, sondern wird auch einer der Gastgeber für die Weltmeisterschaft 2030 sein. Welchen Stellenwert hat der Fußball in deinem Land?

Bilal: „Der Fußball entwickelt sich enorm in Marokko, es ist ein fußballverrücktes Land. Die Sportart ist in den Straßen allgegenwärtig und die Identifikation mit den Nationalteams sehr hoch. Das jüngste Beispiel ist die U17-WM, die im November stattfand: Als unsere U17-Nationalmannschaft spielte, haben Millionen Menschen die Partien verfolgt. Der Fußball kann die Menschen glücklich machen – als Team möchten wir der Welt zeigen, was wir können. Durch den Afrika-Cup, die WM 2026 oder erst recht durch die WM 2030 wächst Fußball rasant. Ich bin mir sicher, dass in den nächsten Jahren noch mehr marokkanische Spieler für Europas Top-Ligen interessant werden.“

stadion aktuell | Bundesliga 2025/2026 | 13. Spieltag

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Weitere Themen sind:

  • Bilal El Khannouss: Fotoalbum, Zahlenspiel und Traumelf
  • Poster: Bilal El Khannouss
  • Zu Gast: FC Bayern München
  • VfB-Stiftung: Auszeichnung für das Ehrenamt
  • VfB-Frauen: Interview mit Nicole Billa
  • Historie: 100 Jahre Brustring
  • Nachwuchs: International Cup

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