Es gibt diese Unentschieden, die sich wie ein Sieg anfühlen. Sonntagabend, 19:19 Uhr, Mercedes-Benz Arena: Der VfB greift mit zehn Mann beim Stand von 0:1 für Union Berlin noch ein letztes Mal an. Der eingewechselte Daniel Didavi dribbelt in der dritten Minute der Nachspielzeit von rechts in den Strafraum, der Ball kommt etwas glücklich zum ebenfalls eingewechselten Wahid Faghir. Der 18-Jährige lässt drei Berliner stehen und zieht mit links ab. Der ex-Stuttgarter Timo Baumgartl fälscht den Schuss unhaltbar ab und der Ball zappelt im Netz. Die Mercedes-Benz Arena tobt – der 1:1-Ausgleich fällt in allerletzter Sekunde direkt vor der vollen Cannstatter Kurve. „Das Stadion ist förmlich explodiert“, schwärmt Borna Sosa im VfB-TV-Interview nach dem Spiel. Auch VfB-Sportdirektor Sven Mislintat zollt den Fans Respekt für ihre unermüdliche und lautstarke Unterstützung über 93 Minuten. „Das Ausgleichstor hatten vor allem alle, die im Stadion waren, verdient. Was die hier gemacht haben, das tut richtig gut. Sie haben in keiner Minute nachgelassen. Sie haben gesehen, dass die Mannschaft auf dem Platz alles reinhaut. Und das haben sie uns wiedergegeben und uns mehr als unterstützt. Dann das Tor zu machen und sie zu belohnen, das war schon extrem cool.“
Dabei hätte dieser Abend einen ganz anderen Ausgang nehmen können. 58. Spielminute: VfB-Defensivspieler Atakan Karazor sieht innerhalb von 33 Sekunden beim Stand von 0:1 zweimal die gelbe Karte. Rückstand und Unterzahl gegen die kompakten und bissigen Eisernen aus Berlin – es gibt bessere Ausgangssituationen. Dass sich die Mannschaft in der dritten Minute der Nachspielzeit dann selbst belohnt, liegt vor allem am „brutalen Spirit“, wie Sven Mislintat sagt. „Wir haben immer dran geglaubt. Knallhart dagegengehalten. Zweikämpfe angenommen.“ In der 70. Minute geht der VfB dann volles Risiko, zieht Wataru Endo vom defensiven Mittelfeld in die Dreierkette zurück und bringt mit Didavi einen offensiven Mittelfeldspieler. Mit Erfolg, findet Sven Mislintat: „Hiroki Ito, Konstantinos Mavropanos und Wataru Endo haben das dann da hinten extrem gut verteidigt, uns Halt gegeben“. Vorne vollenden die eingewechselten Daniel Didavi und Wahid Faghir mit einer Co-Produktion den letzten Angriff mit einem Tor vor der tobenden Cannstatter Kurve. „Was das für alle bedeutet hat nach der Woche, hat man glaube ich gesehen. Wir sind alle stolz auf die Mannschaft.“
Am Ende steht ein Punkt gegen eine Mannschaft, die sich längst im oberen Tabellendrittel festgesetzt hat. Die Jungs mit dem roten Brustring haben zudem zum erneuten Mal in dieser Saison einen Rückstand in Unterzahl aufgeholt, wie gegen Eintracht Frankfurt am siebten Spieltag. „Das spricht für die tolle Moral in der Mannschaft“, so VfB-Cheftrainer Pellegrino Matarazzo. „Die Leute, die heute im Stadion waren, haben uns den Rücken gestärkt und Energie gegeben. Deshalb freut es mich, dass wir den Punkt zusammen feiern konnten.“
Am Mittwochabend um 20:45 Uhr steht dann schon der nächste Flutlicht-Fight an: Das DFB-Pokal-K.O.-Spiel gegen den 1. FC Köln. „Da kommt wieder eine Mannschaft mit einem guten Lauf und einer richtig guten Moral. Wir hoffen auf eine ebenso furiose Unterstützung in der Mercedes-Benz Arena“, so Sven Mislintat. Tickets in allen Kategorien gibt es online.