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2013, 29. Juli 2013
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Vorbereitung, 29.07.2013

"Die Spieler gehen freiwillig ins Bett"

Der VfB Mannschaftsarzt Dr. Raymond Best spricht über Ruhe sowie Belastung und erklärt, welche Rolle der CK-Wert für ein Trainingslager spielt.

Auf dem Facebook-Profil des VfB konnten die VfB Fans ihre Wünsche für Themen der Berichterstattung aus dem Trainingslager äußern. Einige davon wie die Trainingsinhalte oder der Gesundheitszustand einzelner Spieler wurden erfüllt, an dieser Stelle soll nun auch noch auf die Anfrage der Userin Silvia Tricolore eingegangen werden.

Im Großen und Ganzen dreht es sich dabei um die Gesundheit, Fitness und Erholung der Profis. Um auf den Wunsch der VfB Anhängerin einzugehen, eignet sich am besten ein Interview mit einem der Mannschaftsärzte. Neben Dr. Heiko Striegel (Bild oben links) ist das Dr. Raymond Best, der in diesem Fall befragt wurde.

Hallo Herr Dr. Best, morgens werden im Trainingslager immer die CK-Werte der Profis gemessen. Was hat es damit auf sich?
Raymond Best: "CK ist die Kurzform für Creatin-Kinase. Einfach gesagt kann man sagen, dass dies ein Abbauprodukt des Muskelstoffwechsels ist. Wann immer ein Muskel arbeitet, hat er einen gewissen Anstieg der sogenannten CK. Wenn man diesen misst, kann man einschätzen, wie hoch die muskuläre Belastung gewesen ist."

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Wie gehen Sie und Ihr Kollege Dr. Heiko Striegel mit den Werten um?
Raymond Best: "Es gibt da keinen Absolutwert. Man macht erst einmal eine Momentaufnahme in einer intensivarmen Trainingszeit und schaut sich bei den Messungen im Trainingslager den Verlauf an. Manche Spieler, insbesondere dunkelhäutige, haben aufgrund einer anderen Muskelzusammensetzung häufig einen schnelleren CK-Wert-Anstieg, sind deswegen aber nicht automatisch mehr belastet als ein hellhäutiger Spieler. Aber man gewinnt mit der CK-Messung Erfahrungswerte in Bezug auf die Spieler und kann dann reagieren, wenn Unregelmäßigkeiten oder auffällige Werte auftreten. Wir hatten beispielsweise einen jungen Spieler, der neu zur Mannschaft gekommen ist und nach der hohen Trainingsintensität einen sehr hohen CK-Wert aufwies. Er hat aber nicht gesagt, dass er sich sehr erschöpft fühle. Daran merkt man, dass er Vollgas geben will. Das Trainerteam kann aber dank solcher Werte sehen, wann eine regenerative Einheit zu überlegen wäre. Hier findet ein reger Austausch statt."

Diese Messung geschieht immer morgens, meist während der Stabi-Einheit. Und wie kontrollieren Sie tagsüber den Zustand der Spieler?
Raymond Best: "Da helfen Erfahrungswerte, um zu beurteilen, ob eine Einheit besonders belastend ist oder ob der Spieler sie noch gut durchführen kann.  Man kann außerdem weit in die Wissenschaft hineingehen und beispielsweise anhand von Pulsmessungen sehen, wie hoch die aktuelle Belastung für den Spieler ist. Dann ist aber vor allem der Regenerationspuls entscheidend, also wie schnell ein hoher Puls wieder sinkt. Hier besagt zum Beispiel eine simple Faustformel, dass man nach einer Belastung binnen drei Minuten mindestens wieder 30 Prozent unterhalb des Belastungspulses sein sollte. Wenn das nicht der Fall ist, weiß man, dass der Körper 'nachbrennt'…"

…was aber nur für Leistungssportler gilt?
Raymond Best: "Nein. Das gilt im Prinzip für jeden, nur dass die Pulserholung beim Breitensportler öfter schlecht ist und Leistungssportler nach einigen Sprints von einem hohen Puls in der Regel sofort wieder auf den Erholungspuls runterbrechen können."

Außerdem müssen Sie auch die verletzten Spieler versorgen. Wie viel haben Sie diesbezüglich in einem Trainingslager zu tun?
Raymond Best: "Gemessen an einem normalen Klinikalltag ist es eher ruhig. Das kommt natürlich auf die Verletztenanzahl an und seit drei Jahren haben wir glücklicherweise keine schweren Verletzungen in einem Trainingslager gehabt. Der Stress hält sich im Normalfall in Grenzen, am Freitag hatten wir im Trainingslager beispielsweise zwei Kernspins, da war der Vormittag verplant, aber danach war es schon wieder ruhiger."

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Seit acht Jahren beim VfB: Dr. Raymond Best

Nach dem Mittagessen hat Ihr Kollege Heiko Striegel am Freitag dann auch noch eine Ultraschall-Untersuchung gemacht. Wie laufen diese Tests im Trainingslager ab?
Raymond Best: "Alles, was mobil sein darf, haben wir dabei. Einen Ultraschall für den Bewegungsapparat, einen für die Kreislauforgane. Wenn wir die Spieler hier untersuchen, nehmen wir auch Spiroergometrien, also Luftmesstestgeräte. Aber bei Bildgebungsgeräten wie Röntgen oder Kernspin funktioniert das nicht. Da muss man auf Kliniken im Umfeld zurückgreifen und das funktioniert in der Regel sehr gut."

Und wie kontrollieren Sie, dass die Spieler genügend Ruhe in einem Trainingslager bekommen?
Raymond Best: "Die Spieler sind alt genug und man muss sie nicht kontrollieren. Außerdem stellt sich diese Frage in der Regel nicht, denn ein Spieler, der das Pensum mitmacht, hat keine Lust bis morgens um zwei Uhr wach zu bleiben. Die Spieler sind abends platt, gehen ins Bett und stehen morgens so spät wie möglich auf, nur damit sie so viel wie möglich schlafen können. Sie legen sich teilweise mittags auch noch ein, zwei Stunden hin – und das machen sie nicht, weil wir es sagen, sondern freiwillig. Das ist insofern ein Punkt, der nicht besprochen werden muss. Der Körper fordert die Ruhe und die Spieler geben dem automatisch nach."

Kommt es vor, dass Spieler auf Sie zugehen und darum bitten, dem Trainer zu sagen, dass die Mannschaft auf dem Zahnfleisch läuft?
Raymond Best: "Sie kommen jetzt nicht direkt zu uns und sagen: ‚Sag mal dem Trainerteam…‘. Sondern man merkt, wenn die Anzahl der leicht lädierten Spieler steigt, dass die Intensität wirklich hoch und die Belastung sehr groß ist. Aber das müssen wir als Ärzte nicht kommunizieren, sondern das sieht das Trainerteam in der Regel selbst. Oft bemerken sie das ohnehin besser, weil sie genau sehen, dass die Konzentration bei den Übungen sinkt. Dann wissen die Trainer, dass die Spieler müde sind. Da muss kein Arzt etwas sagen."

Aber es findet ein regelmäßiger Austausch zwischen Trainer- und Ärzteteam statt?
Raymond Best: "Jeden Tag. Da sind wir auch sehr froh darüber. Seitdem ich beim VfB arbeite – das sind mittlerweile acht Jahre – hat das Trainerteam eigentlich immer auf die Ratschläge gehört, die wir ihm gegeben haben. Das macht das Arbeiten sehr angenehm, denn wenn man nicht auf uns hören würde, dann bräuchte man uns nicht. Aber die bisherigen Trainerteams waren in der Regel wissbegierig, wollten sich austauschen, wollten Ratschläge. Das funktioniert beim VfB einwandfrei, da hört man auch anderes aus der Liga."

Bei Ihnen und Ihrem Kollegen Dr. Heiko Striegel funktioniert die Aufteilung der Fachgebiete ebenfalls einwandfrei, Können Sie ihre medizinischen Zuständigkeiten kurz erläutern?
Raymond Best: "Ich bin Chirurg und Orthopädie, daher für den Bewegungsapparat zuständig. Also Knochen, Muskeln, Bänder, Sehnen, Verletzungen, wenn man so möchte. Heikos Spezialgebiet ist eher die innere Medizin, Leistungsfähigkeit und internistische Angelegenheiten. Wobei er auch vom Bewegungsapparat genug weiß, um das selbst einschätzen zu können. Er braucht mich daher eigentlich nur in Ausnahmefällen."

Sie haben in acht Jahren beim VfB schon viele Trainingslager erlebt. Stellt diese Zeit trotzdem noch einen Reiz dar?
Raymond Best: "Trainingslager sind eine schöne Abwechslung zum normalen Trainingsalltag. Es können Dinge erledigt werden, die zu Hause vielleicht liegen bleiben würden, und es ist ein intensives Auseinandersetzen mit den Spielern. Man hat sie einfach jeden Tag 24 Stunden um sich herum. Das ist zwar manchmal ein bisschen anstrengend, aber es ist vor allem gut, weil man beispielsweise ein gewisses Gefühl dafür bekommt, wie einer tickt. Das ist sehr gut. Aber es müssen auch nicht vier Wochen sein."

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